Wie im Cyberspace so auf Erden

Forschungsreport: Das Online-Leben Jugendlicher ist ein Spiegel, kein Paralleluniversum

Eltern begrenzen Medienkonsum zu wenig! XY % der Jugendlichen sind handysüchtig! Schau hin! Pass auf! Mach mal Pause!

Wenn es um die Mediennutzung von Kindern und Teenagern geht, gehen bei vielen Erwachsenen sofort die Alarmglocken an. All die Gefahren, die im Netz drohen, die Fähigkeiten, die wegen ständiger Mediennutzung angeblich flöten gehen und nicht zuletzt die Vernachlässigung schulischer Pflichten bereiten Pädagog_innen und Eltern Sorgen. Darum werden in zahlreichen Studien immer wieder Online-Zeiten erfasst, die dann in erschreckenden Prozentangaben vor Augen führen, wie lange und wie oft die junge Generation online ist und wie das im Zusammenhang steht mit diesen oder jenen negativen Entwicklungen.

Forscher_innen der Duke University haben nun mal die sieben am häufigsten vertretenen Ängste über den vermeintlich schlechten Einfluss digitaler Medien auf Jugendliche genauer unter die Lupe genommen und verschiedene Studien zu diesem Thema gesichtet und ausgewertet. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, wie berechtigt die Sorgen sind, dass Jugendliche stärker gemobbt werden, vereinsamen, die Beziehung zu ihren Eltern und Freunden vernachlässigen, weniger schlafen oder durch Medienkonsum verblöden.

Dabei kamen die Forscher_innen zu folgenden Ergebnissen:

1. Das Online-Verhalten wird oftmals zu abgetrennt vom "wirklichen Leben" der Jugendlichen betrachtet. Dabei gibt es in Wirklichkeit sehr viele Überschneidungen, wie die Forscher_innen meinen. Wer im realen Leben Probleme habe, habe sie tendenziell auch im virtuellen, wer in starken sozialen Bindungen stecke, verfestige sie online eher noch. Jugendliche würden digitale Medien eher dazu nutzen, ihre realen Beziehungen zu stärken als sich mit völlig Unbekannten zu treffen. Auch ein positives Eltern-Kind-Verhältnis im realen Leben können durch digitale Medien noch besser werden - und umgekehrt.

Allerdings seien die Sorgen in Sachen Schlafmangel und Cyber-Mobbing dann doch begründet. Das blaue Licht der Bildschirme simuliert Tageslicht und kann tatsächlich Schlafstörungen verursachen, wie schon in einigen Studien belegt wurde. Und dass im Internet Tools zur Verfügung stehen, die Mobbing besonders gemein machen und für eine große Streuung sorgen, steht auch außer Frage. Aber auch hier gilt: Jugendliche, die im Internet Opfer von Mobbing werden, sind häufig auch im realen Leben von Ausgrenzung betroffen.

2. Die Auswirkungen von intensiver Mediennutzung sind keineswegs einheitlich. Sie können sowohl positive Auswirkungen haben (z.B. auf sehr schüchterne Jugendliche), als auch negative (z.B. indem sich psychische Probelem noch verschärfen).

3. Die Ergebnisse vieler Studien basieren auf den Selbstauskünften der Teilnehmer_innen und sind damit natürlich auch nur begrenzt aussagekräftig. Darum wünschen sich die Forscher_innen künftig mehr experimentelle Studien, in denen über die Sorgen und Ängste hinausgegangen und genauer erforscht wird, wie und unter welchen Bedingungen die Nutzung digitaler Medien welche Jugendlichen in der Entwicklung ihres Gehirns, ihres Körpers und ihrer sozialen Beziehungen beeinflusst werden - oder auch nicht.

Der Artikel der beiden Forscherinnen erscheint im Fachjournal Perspectives on Psychological Science.

Quelle

Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 2. Dezember 2015