Ab dieser Sekunde habe ich mich anders gefühlt. Das war wie ein Schock, aber ein positiver, weil es plötzlich in meinem Leben eine Veränderung gab, mit der ich nicht gerechnet habe. Ich war 21 Jahre alt, mein Freund 20, wir lebten beide noch bei unseren Eltern, er machte im Sommer 2015 sein Abi, ich habe zu der Zeit studiert. Es war also nichts geplant und es war bis dahin auch nichts in Planung!
Ich kam nach Hause, mit einem kleinen Baby, das zu dem Zeitpunkt so groß war, wie ein Reiskorn, im Bauch, das am 20. September auf die Welt kommt. Meine Eltern, meine Schwester, mein Freund, meine Großeltern und meine anderen Verwandten haben sich unglaublich gefreut. Die Familie meines Freundes nicht, das war aber kein Problem, denn unser Baby sollte sowieso in meiner optimistischen Familie aufwachsen.
Die ersten 7 Monate meiner Schwangerschaft verliefen sehr entspannt, mir war nie übel, ich war weiterhin fit und konnte alles machen, was ich vorher auch gemacht habe. Mein Freund und ich haben eine Wohnung gefunden, gleich in der Nebenstraße meiner Eltern. Da wir eben erst am Anfang des Lebens standen, spielte natürlich auch das Geld eine Rolle. Wir wussten nicht, was man monatlich für Windeln, etc. ausgeben musste. Bei ProFamilia wurden wir sehr gut beraten und konnten so besser planen. Während einer Schwangerschaft muss man nicht viel Geld ausgeben. Wenn man wenig Geld zur Verfügung hat, gibt es sehr gut erhaltene, gebrauchte Kinderwägen, Autoschalen, Wickeltische, Klamotten und Wiegen, was komplett übernommen wird. Man muss nicht reich sein, wenn man ein Baby bekommt!
Wir haben alles neu gekauft, aber auch nur, weil es uns finanziell gut geht. 4 Monate, bevor ich von der Schwangerschaft erfuhr, machte mir mein Freund einen Heiratsantrag, den er im Mai 2015 wiederholte, als ich schon im 5. Monat schwanger war. Er wollte vor der Geburt heiraten, sodass wir von Anfang an eine richtige Familie, mit gleichem Nachnamen sind. Der Hochzeitstermin war im Juli 2015, ich war zu dem Zeitpunkt im 8. Monat, passte aber noch super in mein Brautkleid. Es wurde viel geplant, gekauft und vorbereitet, auch das ging mit dem Babybauch super, ich war voller Elan, das passiert oft bei Schwangeren im Endstadium, habe ich gehört.
Wenige Wochen, bevor wir heiraten wollten, musste die Hochzeit abgesagt werden, weil sich die Familie meines Freundes quergelegt hat. Im August 2015 begann der Umzug in unsere Wohnung, ich hatte schon einen großen Bauch, inzwischen musste ich alle 2 Wochen zum Frauenarzt, vorher war es alle 4 Wochen. Das war hart, denn die Ultraschallfotos waren spannend, da wären wir lieber öfter gegangen. Beim Frauenarzt wird jedes mal Blut abgenommen, der Blutdruck und das Gewicht gemessen und man muss Urin abgeben. Ab der 30. Schwangerschaftswoche kommt man noch dazu ans CTG, um die Wehentätigkeit und das Herz des Babys zu kontrollieren. Die ersten Monate alle 4 Wochen, danach alle 2 Wochen. Ich hatte das Glück, bei wirklich jedem Termin ein Ultraschallfoto zu bekommen, am Ende waren es fast 13 Stück! In der 23. Schwangerschaftswoche gab es die Feindiagnostik, dort habe ich ein 3D-Foto bekommen und einige kleine Ultraschall-Videos. An dem Tag haben wir die Bestätigung erhalten, dass es ein Junge wird. Anfangs war ich etwas enttäuscht, denn ich hatte mir so sehr ein Mädchen gewünscht. Ich musste mich langsam an den Gedanken gewöhnen, dass es ein Junge wird. Aber ich wusste, dass ich unser Baby lieben werde und habe gehofft, dass es gesund und ohne Probleme auf die Welt kommt.
Die ersten Bewegungen, die ich gespürt habe, waren einzigartig, das kann man nicht beschreiben. Manchmal hatte er Schluckauf oder hat einfach vor sich hin gewühlt und getreten. Ein richtiger Mensch, der in einem anderen Menschen wohnt. Unglaublich.
Durch den Umzugs-Stress hatte ich vorzeitige Wehen und bekam Bettruhe verordnet. Die konnte ich nicht einhalten, weil wir eben mitten im Umzug steckten und ich in solcher Situation nicht einfach herumliegen kann. Die Wehen haben sich nicht verschlimmert. Im Sommer hochschwanger zu sein, war echt anstrengend. Die Hitze, die man aushalten muss, macht einem zu schaffen, denn es fließt mehr Blut durch den Körper, man hat einen anderen Menschen mit zu versorgen, man wird schwerer, der Körper arbeitet und daher war es echt eine Qual. Insgesamt habe ich 15 kg zugenommen, das liegt im Normalbereich.
Anfang September hatte ich keine Lust mehr, ich war so ungeduldig, hab so viele Mütter mit Babys gesehen und wollte meins auch endlich haben. Es waren noch 20 Tage bis zum Entbindungstermin und ich hatte noch nicht mal eine Hebamme! Die hätte ich mir schon viel früher suchen müssen. Meine Frauenärztin hat mir einen Termin bei ihrer praxisinternen Hebamme gemacht, sodass ich noch einige Fragen klären konnte. Einen Geburtsvorbereitungskurs habe ich auch nicht besucht, weil ich mir das nicht besonders cool vorgestellt habe, zusammen mit anderen schwangeren Frauen. Ich dachte mir, im Endeffekt kann man nicht so handeln, wie man es plant. Ich habe mich informiert, wie man die Geburt anregen kann, hab dann oft abends warm gebadet, meinen Bauch mit Ölen massiert und scharf gegessen. Hat alles nichts gebracht, denn das Baby macht sich dann auf den Weg, wenn es bereit ist, da kann man tun, was man will.
Am 7. September hatte ich den ganzen Tag Rückenschmerzen, ich wusste nicht warum, ich habe nicht schwer getragen oder mich viel bewegt. Die Schmerzen wurden nachts schlimmer, ich konnte mich gar nicht bewegen. Am 8. September ist morgens, beim Aufstehen, die Fruchtblase geplatzt. Das war der nächste Schock, gleich nach meinem Frauenarztbesuch im Februar. Man wartet auf diesen Moment und wenn er da ist, ist man total überrascht. Erst war ich mir nicht sicher und dachte, vielleicht kann ich einfach meine Blase nicht mehr halten, aber es wurde immer mehr und hatte einfach eine andere Konsistenz. Also hab ich meiner Mutter und meinem Freund Bescheid gesagt und wir sind ins Krankenhaus gefahren. Dort kam ich direkt ans CTG und es waren Wehen zu erkennen, der Muttermund war 1 cm auf. Dann ging es ins Vorwehenzimmer, es war richtig schön da, wie im Hotel. Dort sollte ich vor mich hinwehen. Um 11 Uhr bekam ich homöopathische Tabletten und ein Bauch-Öl, damit die Wehen in Gang kommen, das hat auch ziemlich gut geholfen, denn ab 13 Uhr gings richtig schön los mit der Eröffnungsphase. Ich hatte zu dem Zeitpunkt starke Schmerzen, eine PDA gibt's aber erst im Kreißsaal und dazu muss der Muttermund 4 cm auf sein. Also weiter gequält, mit einem Tropf gegen die Schmerzen, sodass ich zwischen den Wehen eingeschlafen bin, also im 2 Minutentakt. Das nächste mal beim Muttermunduntersuchen war er 4 cm auf, es war 18:39 Uhr, also ab in den Kreißsaal, natürlich nicht ohne das typische Wehen-Gebrüll, im Gang auf dem Weg dahin. Im Kreißsaal kam dann die Anästhesistin, die mir die PDA gelegt hat. Wie soll man ruhig, im Schneidersitz, mit einem Katzenbuckel sitzen, wenn man alle 2 Minuten die Schmerzen seines Lebens hat? Vor der PDA gab es also nochmal ein Schmerzmittel. Gespürt habe ich absolut nichts, vom Legen der PDA, auch keinen Stromschlag im Bein, vor dem ich gewarnt wurde. Kurz darauf waren die Schmerzen endlich weg, aber ich habe meinen Körper von der Brust an bis zu den Zehen nicht mehr gespürt. Das hat die Anästhesistin etwas verunsichert, sie tigerte einige Zeit immer mal wieder zu mir, um zu sehen, ob ich meine Beine wieder bewegen kann. "Das ist komisch, das sollte so nicht sein" hat sie gesagt und die Hebamme meinte, dass sie wohl versehentlich eine Spinalanästhesie gelegt hat, wie beim Kaiserschnitt. Naja gut, Schmerzen hatte ich nicht mehr, daher war mir alles egal. Von 18:30 Uhr bis 23:45 Uhr lag ich im Kreißsaal rum, dann wurde Fieber gemessen und ich bekam einen Wehentropf, damit die Wehen in Gang kommen. Der hing genau 5 Minuten an mir, da kamen um 23:50 Uhr die Hebamme und die Ärztin und sagten, dass mein Baby und ich 38 Grad Fieber haben, seine Herztöne sich verschlechtert haben und wir jetzt beginnen müssen. Durch den Tropf gab's noch ein Antibiotikum. Von der Brust abwärts war ich immernoch gefühllos, das war praktisch, denn die Presswehen habe ich nur als Druck nach unten gespürt und konnte zwischen den Wehen mit der Ärztin quatschen. Kurz vor Ende haben Hebamme und Ärztin ziemlich erschrocken geguckt, mir ist fast das Herz stehen geblieben. Gesagt haben sie nichts, nur, dass ich nicht mehr Pressen soll. Die Ärztin hat sich auf meinen Bauch gestemmt, die Hebamme hat gezogen und dann war unser Elias Leonardo M. um 0:14 Uhr, am 9.9.2015, mit 3420 g und 53 cm, auf der Welt. Es war kein Schrei zu hören und ein paar Sekunde haben die Hebamme und die Ärztin irgendwas an ihm gemacht, dann hörte ich ein Röcheln und einen kleinen Schrei und er wurde mir auf die Brust gelegt. Er hat mich direkt angeguckt, mit dunkelblauen Augen und seiner kompletten Hand im Mund.
Seine Nabelschnur war 2 mal um den Hals gewickelt und ich hatte einen Dammriss 2. Grades, der von der Ärztin und der Oberärztin 1 Stunde lang genäht wurde. Eine Betäubung dazu brauchte ich nicht, ich hab ja sowieso nichts gespürt. Während der Geburt haben mein Freund, meine Mutter und meine Schwester vor dem Kreißsaal gewartet. Eigentlich war es anders geplant, aber dann musste alles so schnell gehen, dass man nichts mehr ändern konnte. 2 Stunden nach der Geburt konnte ich schon duschen gehen und geschlafen haben wir auch gut. Das Anlegen an der Brust hat auf Anhieb funktioniert. Die Narben haben am nächsten Tag absolut nicht wehgetan. Am 2. Tag habe ich heftige Kopfschmerzen bekommen, die, sobald ich mich hingelegt habe, verschwunden sind. Sie waren nur im Stehen/Sitzen da und nicht auszuhalten. Es wird wohl als Unterdruck-Syndrom bezeichnet.
Ich konnte mich leider die erste Woche nicht richtig um Elias kümmern, nur das Stillen im Liegen ging, mehr nicht. Ich konnte ihn nicht herumtragen, nicht wickeln, das hat mich sehr belastet. Meine 15 kg, die ich zugenommen hatte, waren schon fast verschwunden, direkt nach der Geburt habe ich schon 12 kg weniger gewogen und mein Bauch sah aus, wie vorher.
Elias' Papa und meine Familie unterstützten mich sehr, wickelten ihn, machten mir Essen, erinnerten mich ans Trinken. Die ersten Tage zu Hause habe ich super geschlafen, ich war alleine im anderen Zimmer, um Ruhe zu bekommen und alle 2 Stunden hab ich Elias zum Anlegen bekommen.
Nach einer Woche war wirklich alles wieder gut, das war eine richtig intensive Woche, man merkt, was eine Geburt für eine Anstrengung für den Körper ist.
3 Wochen später konnten mein Freund, Elias und ich endlich in unsere Wohnung ziehen, die fast fertig war. Mein Freund ist jeden Tag arbeiten gegangen, seine Abizeit war im Sommer zu Ende und er hat direkt mit einer Ausbildung begonnen. Ich bin in Elternzeit und umsorge Elias. Trotz der Arbeit hat mein Freund oft die Nachtschicht übernommen, sodass auch ich schlafen konnte. Elias hat sich wunderbar eingewöhnt, meine ganze Familie liebt ihn, die Familie meines Freundes interessiert sich nicht für ihn, außer die Großeltern. Elias hat also 2 Paar Urgroßeltern, das ist wirklich selten!
Nun ist das Jahr 2015 vorbei, Elias ist fast 4 Monate alt und dieses Jahr war voller Ereignisse. Mein Freund und ich sind von der ersten Sekunde an gereift, dazu musste man nicht viel lernen. Wir hatten plötzlich ein Baby auf dem Arm, dessen Eltern WIR sind. Wir waren Eltern und dieses Baby braucht uns zum Überleben, da hat der Mensch anscheinend eine Automatik, dass man das Wesen umsorgen, pflegen und glücklich machen möchte. Und dass es funktioniert, zeigt er uns jeden Tag, wenn seine blauen Augen leuchten und er uns anstrahlt. Dann wissen wir, dass er uns liebt und wir alles richtig machen. Er vertraut uns und das ist das Wichtigste. Dieses Gefühl kann man in jedem Alter geben, wenn man sich drauf einlässt, wenn man diese Veränderung zulässt. Denn dazu braucht man kein bestimmtes Alter, es gibt genug Menschen, die älter als 25 Jahre sind und ihre Babys weggeben, oder sogar töten! Es ist auch nicht unnormal, wenn man während der Schwangerschaft oder nach der Geburt auf einmal traurig wird und alles infrage stellt. Das ist normal und das hat fast jede Frau, JEDEN Alters. Eine Wochenbettdepression hatte ich nicht, aber auch das ist bei jeder Frau unterschiedlich. Meine Nachsorgehebamme hat mich super unterstützt, uns alles gezeigt, denn keiner kann auf Anhieb wissen, wie man mit seinem ersten Baby umgeht. Elias' Papa ist für mich der beste Papa, den er bekommen konnte und ich hoffe, dass ich als Mutter auch alles richtig mache. Meine Familie, unsere Nachbarn, Freunde und Bekannte freuen sich jedes mal, wenn sie uns, als kleine Familie sehen und das bestärkt uns, dass es richtig gewesen ist.
Der negative Einfluss von der Familie meines Freundes verschwindet im Hintergrund.
Wir sind sehr gespannt, was im Jahr 2016 passiert, denn heute vor 1 Jahr hätten wir NIE geahnt, was 2015 alles kommt.
Meinen kompletten Schwangerschaftsverlauf, inkl. Fotos und Videos, einem live Update während der Geburt und unseren Alltag mit Elias Leonardo kann man auf Instagram unter „mein_babyalltag_mit22“ mitverfolgen.