Zwei von vielen

Einsendung zum Wettbewerb "Schreiben mit allen Sinnen" von Sarah, 16 Jahre

Er rennt schon lange über die Wiese, aber die Stimme hallt immer noch in seinem Kopf nach: „Schande. Schäm´ dich! Ich werde dich wie Luft behandeln“. Warm laufen ihm die Tränen übers Gesicht. In der Scheune lässt sich der Junge ins Stroh sinken. Schluchzer schütteln seinen kleinen Körper, sodass das Stroh leise raschelt. Eine Mutter sagt so etwas nicht. Nie. Sie schickt ihr Kind nicht mit solch harten Worten weg. Da war sich der Junge ganz sicher. Es piept leise im Stroh und raschelt. Er sieht auf. Eine Katze. Sie ist noch ganz klein. Staub steigt auf und glitzert im Sonnenlicht. „Hallo. Mamas sind nicht immer lieb. Wusstest du das?“ Das Kätzchen piepst und schmiegt sich an ihn. „Aber ich kann dich beschützen.“ Behutsam nimmt er das Tier auf den Schoß. „Du musst keine Angst haben, weil ich auf dich aufpasse. Und ich verspreche dir, dich nie anzuschreien, ja?“ Das Gefühl - dieses Harte in ihm - wird weicher. Seine kleinen Hände streichen unermüdlich durch das Fell, während über der Scheune die Sonne sich daran macht, unterzugehen. Der Junge und die Katze sind nur zwei von vielen unter dem blauen Himmel. Die Tränen auf den Wangen sind zu Salzspuren getrocknet.

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