Ab ins Netz
Einsendung zum Wettbewerb "Schreiben mit allen Sinnen" von Sharon, 18 Jahre
Ein blauer Vogel zwitschert ihr vehement ins offene Ohr
Sie will die Seiten wechseln doch es kommt ihr was zuvor
Ein gelbes Gespenst zeigt ihr viele vertraute Gesichter
Sie sieht nur was sie will, die Welt durch einen Trichter
Versteckt sich hinter Bildern, die andere gerne sehen
Lässt Zeit, Ort und Wunder an sich vorüber ziehen
Nur hier kann sie sich zeigen denn nur hier ist sie sicher
Kein Lästern und Geflüster, kein verräterisches Gekicher
Doch sie surft in gefährlichen Gewässern, denn der Ozean ist tief
Und auch wenn sie danach sucht, weiss sie nicht was da unten liegt
Wärme überkommt ihr Herz, als sie ihre Freunde zählt
Und durch die vielen Likes, weiss sie dass sie anderen gefällt
Hier ist sie die Königin, ihrer eigens erschaffenen Welt
Sie denkt sie kontrolliert es, und dass sie die Fäden hält
Auf der anderen Seite hat sie Freunde, die sie zwar noch nie sah
Doch sie sind besser als die Alten, denn sie sind immer da
Unzählige Berater warten darauf dass sie Fragen stellt
Hier ist sie glücklich auch wenn das wahre Leben zerfällt
So vergrössert sich ihr Reich um die angesehensten Begleiter
Doch während sie versinkt, geht das Leben draussen weiter
Sie hat keine Augen mehr für die Wunder, die um sie geschehen
Keine Stunde verbringt sie analog, kein Drang zu widerstehen
Sie ist noch so blutjung, zerbrechlich, schwach und zart
Sie denkt das Leben zu kennen: es sei unmenschlich und hart
Während sie auf den Bildschirm starrt, vergisst sie ganz zu leben
Den Eltern schenkt sie kein Gehör, Freund haben aufgegeben
Selten kommt es vor, dass sie einmal Pause macht
Realität wie ein Wecker, sie ist aus dem Traum erwacht
So schlurft sie durch die Welt, blind und desorientiert
Sie ist völlig versessen und nach Aufmerksam sie giert
Im echten Leben ist es schwer, Likes und Herzen zu erhalten
Die Stimmen in ihrem Kopf kann sie so nicht ausschalten
So ein unsicheres Mädchen, angewiesen auf so viele
Doch die meinen es nicht ernst, treiben munter ihre Spiele
Manchmal hält sie gar nichts aus, weder real noch virtuell
Sie weint in Ihrem Zimmer, ihr Lächeln stirbt zu schnell
Doch muss sie sich entscheiden, so wählt sie stets die Lüge
Denn hier ist sie eine Person, das lehrten sie die Entzüge
So geht die Hektik weiter und sie wird wieder versklavt
Weil ohne dieses zweite Leben, das Erste sie nicht schafft
Sie beginnt erneut zu reisen, um die ganze Erde sie saust
Doch dann wird es Abend, und die Mehrheit loggt sich aus
Geblendet und nur widerwillig schlürft sie sehr spät ins Bett
Und statt von Vogelgesang wird sie vom Piepen früh geweckt
Eine neue Nachricht trifft ein, sofort springt sie auf
Und so nimmt der Kreis, schlussendlich seinen Lauf
Schon wird sie eingesogen, ein Klick und ist sie fort
Denn alles ist so viel besser, an diesem Zauberort
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