Die Höhlenkinder von Th. A. Sonnleitner
Aus fast Geschwistern wird eine junge Familie
Erfinderisch wie sie sind, bauen die beiden, als sie älter werden, einen komfortableren Ersatz zu ihrem Höhlenheim und erfinden damit die Pfahlhütte neu. Außerdem begnügen sie sich nicht mehr damit, Tiere zu jagen, sondern machen sich daran, einige davon zu zähmen, tauschen die Fellkleidung gegen gewebte Stoffe und finden sogar heraus, wie Tongefässe gebrannt werden.
Mit dem Älterwerden wird aus den fast wie Geschwistern aufgewachsenen Kindern eine junge Familie, als Eva ihren Sohn Hans zur Welt bringt. Zu diesem Zeitpunkt wohnen sie bereits in einem befestigten Haus, denn die Pfahlbauten, die an im Wasser stehenden Bäumen befestigt waren, sind mit deren Wachstum unsicher und brüchig geworden, sodass Peter die Idee hatte, eine ebenerdig gelegene Höhle durch hölzerne und später steinerne Wände zu erweitern und damit ein Haus zu schaffen.
Menschheitsgeschichte auf 300 Seiten
Was sich hier so einfach und schnell liest, dauert im Buch fast 300 Seiten und ein ganzes Menschenleben. Trotzdem könnte es einem unglaubwürdig erscheinen, dass zwei Menschen allein die halbe Menschheitsgeschichte nachvollziehen, beim Lesen allerdings kommt dieser Verdacht nie auf: Alle Entwicklungen und Erfindungen entspringen einem glaubwürdigen Ereignis, oft einem Zufall: So lernen die beiden, selbst Feuer zu entfachen, als sie beim Bohren merken, welche Hitze durch die Reibung entsteht. Aber natürlich sind die Höhlenkinder keine reinen Glückspilze: das Trockenobst verdirbt, Tonschalen zerspringen im Ofen und gelingen erst nach vielen, vielen Versuchen, es gibt Tränen und Rückschläge. Auch, weil selbstverständlich keine Gemeinschaft, und sei sie noch so klein, ohne Streit auskommt – Eva, die Stille, Häusliche und Peter, der Jäger und Beschützer, sind in vielen Punkten so unterschiedlich, dass es immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt. Manchmal scheint sogar ihr gesamtes Zusammenleben in Gefahr, etwa, als Peter die Verlockungen von vergorenem Honigwasser, also Met, entdeckt. Und nicht zuletzt mischt sich die Natur immer wieder ein, etwa vertreibt ein Hochwasser die Kinder aus ihren Höhlen und zwingt sie damit, eine neue Behausung zu suchen.
*Klischeehaft?*
Wie ich das so schreibe, fällt mir erst auf, wie klischeehaft einige Elemente der Geschichte klingen: Vor allem die klassische Rollenverteilung von schutzbedürftiger, eifriger Frau und starkem, schaffendem Mann. Beim Lesen allerdings konnte ich mich in beide sehr gut einfühlen, und es ist keinesfalls so, dass Eva immer kuscht oder Peter völlig gefühlskalt dargestellt wird. Beide sind einfach nachvollziehbar menschlich.
*Lasst euch verzaubern...*
Übrigens heißt es im letzten Kapitel, der Erzähler – bewusst oder zufällig nicht der Autor? – sei ein Nachkomme der Höhlenkinder, deren Sohn aus dem Bergtal zurückgekommen sei und sich in der Welt draußen eine Frau gesucht habe. In wiefern das der Wahrheit entspricht, kann ich nicht beurteilen. Was ich aber weiß, ist dass es Herrn Sonnleitner gelungen ist, seinen Höhlenkindern Nachfahren im Geiste zu verschaffen, seit ich nämlich diese Geschichte zum ersten Mal gelesen habe – es sollten noch viele weitere folgen, denn ich kenne das Buch schon seit Jahren – fühle ich mich ihren „Helden“ verbunden. Vielleicht geht es ja auch euch so, wenn ihr diesem Buch eine Chance gebt und euch davon verzaubern lasst.
*Info: Kosmos-Verlag*
Autorin / Autor: pfefferminztea - Stand: 16. September 2008