Hinter dem Bahnhof liegt das Meer

Ein kurzer, hoffnungsvoller Roman über den verzweifelten Willen, an Wunder zu glauben und seine Träume zu verwirklichen. Autorin: Julia Richter

Der kleine Neuner und seine Mutter lebten glücklich zu zweit, bis diese eines Tages ihren Neuen bei ihnen einziehen lässt: Hubert. Der brüllt Neuner an, wenn er seine Angst wegsingen will, schließlich schlägt er ihn sogar. Neuner läuft weg und kommt nur noch dann, wenn Hubert schläft, durch das geöffnete Küchenfenster ins Haus geschlichen, um sich das Essen zu holen, das seine Mutter für ihn bereitgestellt hat. Eines Nachts jedoch schlägt Hubert Neuners Mutter zu Boden, sodass sie ins Krankenhaus muss. Neuner ist jetzt auf sich gestellt, träumt aber zusammen mit seinem neuen Freund Kosmos, der auch auf der Straße lebt, bald ans Meer zu fahren und einen Kiosk aufzumachen. Aber dazu braucht man Geld. Als Neuner der „Königin“ der Bar Caracas seinen Schutzengel verkauft, scheint die Reise ans Meer gesichert. Aber war das die richtige Entscheidung?

Meine Meinung:

„Hinter dem Bahnhof liegt das Meer“ ist ein kurzer, hoffnungsvoller Roman über den verzweifelten Willen, an Wunder zu glauben und seine Träume zu verwirklichen. Der Schwerpunkt der Geschichte ist nicht Neuners Situation obdachlos zu sein, sondern vielmehr sein Traum vom Glücklichsein, was für ihn im Moment das Meer bedeutet. „Am Meer ist es warm! Am Meer ist Sommer!“, erklärt Neuner diesen Wunsch. Kein Wunder, Sonnenstrahlen hat sein Leben auch bitter nötig.

Die Figuren sind lebendig und glaubhaft dargestellt, was es einem leicht macht, sich auf die Geschichte einzulassen. Neuners Ängste, als er seinen Schutzengel verliert, fand ich so realistisch aufgezeigt, dass ich ihn am liebsten knuddeln und ihm sagen wollte, dass alles gut wird.

Die Sprache ist eher einfach gehalten und nicht sehr anspruchsvoll, was mich nicht wundert, denn auf dem Buch steht, es sei für Leser ab neun Jahren geeignet. Jedoch finde ich, dass auch Jugendliche und Erwachsene einen Blick in diese Geschichte werfen sollten, denn jeder spürt meiner Meinung nach einmal diesen Willen seinen Träumen nachzugehen, obwohl es unmöglich scheint, man Angst hat oder sich an eine neue Lebenssituation anpassen muss. Außerdem werden wohl viele Neunjährige an einigen Textstellen gar nicht so recht wissen, was damit gemeint ist.

Auf jeden Fall bewundere ich Jutta Richters Talent, mit einfachen Satzstrukturen eine klare Aussage zu formulieren. Leider ist das Ende für meinen Geschmack zu kurz ausgefallen, weil man etwas Wesentliches nicht erfährt. Ich möchte hier jetzt nicht zu viel verraten. Ich denke, wer das Buch liest, versteht, was ich meine.

Erschienen bei:

dtv

Ansonsten kann ich das Buch nur empfehlen, und zwar für einen gemütlichen Abend zu Hause, während Regen gegen das Fenster trommelt.

Autorin / Autor: rabja - Stand: 9. Juli 2008