Hebethus, das ist eine neue Religion, die die Fehler vergangener Religionen vermeiden will, eine Religion, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Welt zu retten, sie vor Terroristen und der Zerstörung durch „Ungläubige“ zu schützen.
Der Anführer ist Jeremiah. Er ist der Auserwählte Gottes, der die alten, fehlerhaften und unehrenhaften Religionen auslöschen soll. Er wählt die Mitglieder aus. Und er bestimmt ihr Verhalten.
Auch Jon, der Sohn eines Pfarrers, wird Mitglied in dieser Bruderschaft. Ist er anfangs noch überzeugt von den Grundsätzen der Hebether, ihrer Einstellung zum Leben und vollkommen erfüllt von dem Gefühl der Gemeinschaft, so entstehen nach und nach Zweifel daran, ob diese neue Religion wirklich so fehlerfrei und perfekt ist, wie Jeremiah es ihnen glaubhaft machen möchte.
Die Hebether entführen ein Mädchen, fesseln es, drohen ihr, erniedrigen sie und wollen sie letztendlich umbringen, um ihre Seele zu retten, schließlich ist sie eine Terroristin und hat einen Bombenanschlag geplant. Das sagt zumindest Jeremiah.
Und gleichzeitig rufen sie die Menschen zu Frieden und Gewaltlosigkeit auf, verurteilen das Töten, predigen das Vollbringen guter Taten.
Immer wieder gerät Jon in einen inneren Konflikt, ist nicht in der Lage das reale Leben mit den utopischen Grundsätzen der Hebether zu vereinen. Die Erkenntnis, dass er sich in das entführte Mädchen verliebt hat, das er bei seiner Initiation umbringen soll, erschwert seine Situation nur. Hin und her gerissen zwischen dem schier unendlich starken Gefühl der Gemeinschaft und der Erkenntnis, dass Liebe Welten retten kann, durchlebt Jon schreckliche sieben Tage, in denen nicht nur er mit Zweifeln zu kämpfen hat. Und obwohl er jederzeit die Bruderschaft der Hebether verlassen könnte, ist die Bindung zu Jeremiah doch stärker als die Einsicht, dass Gott dich immer liebt und es ihm egal ist, ob du ihn auch liebst, weil er einfach Liebe ist, und daher auf dich wartet, bis du ihn findest.
Die Suche nach Gott, die Frage was Gott ist und der Sinn des Lebens, das sind die zentralen Themen des Buches „Wir Retter der Welt“. Der Autor Sam Mills nimmt den Leser mit, in die Gedanken eines unsicheren Jungen, der wenig Selbstbewusstsein besitzt und oft einfach nur zu nett ist. Einem jungen, der seinen Vater hassen will, es aber nicht kann, der enttäuscht worden ist von Gott, der die Scheidung seiner Eltern nicht verhindert hat und der bei den Hebethern all das findet, was ihm scheinbar in seinem Leben fehlt.
Zwiespalt bestimmt die Geschichte und es gelingt Sam Mills auch den Leser um Nachdenken anzuregen. Er erweckt Identifikation mit Jon, egal ob dieser die Religion der Hebether gerade als das einzig Richtige ansieht, oder ob er nur noch fliehen möchte. Selbst das unerwartete Ende wirkt nachvollziehbar und scheint der richtige Weg zu sein.
Und doch bleibt die Erkenntnis, dass es die perfekte Religion nicht geben kann, der Glaube aber gleichzeitig oder gerade deswegen lebensnotwendig ist. Besonders die Darstellung von Gott gefällt mir bei diesem Buch sehr gut. Denn es wird deutlich, dass Gott allgegenwärtig ist, egal welcher Religion man angehört oder in welcher Situation man sich befindet. Gleichzeitig beleuchtet der Autor sehr eindrucksvoll den Einfluss von einer Gruppe und zeigt, wie einfach Menschen zu manipulieren sind.
Ein einfach geschriebenes Buch über Dinge wie Größenwahnsinn, Glauben, Liebe, Hass, Einsamkeit und Gemeinschaft, die viel näher zusammen liegen, als einem anfangs bewusst ist.
„Wir Retter der Welt“ ist ein fesselndes und interessant geschriebenes Buch, das perfekte als Strandlektüre geeignet ist, da es sich auf eine angenehme bis erschreckende Art und Weise mit dem Thema Religion und den Konsequenzen beschäftigt.
*Erschienen bei cbt*
Autorin / Autor: anacotica - Stand: 25. Juni 2008