www.penthesilea-projekt.de
Eine Zusammenarbeit vieler kreativer und ein sprachlich beeindruckendes Jugendbuch.
Die 17jährige Anna Frederes ist völlig verzweifelt, als sie sich in der Silvesternacht zum ersten Mal als <penthesilea> in einen Chat einloggt: Sie gehört zu keiner Clique in der Klasse dazu, ihr Schwarm, Lukas Plattenberg, ist auf seiner Fete vor ihren Augen mit der Klassenbeauty in seinem Schlafzimmer verschwunden, ihre alleinerziehende Mutter, Annemarie, leidet unter manischen Depressionen und kann nicht mit Geld umgehen – weshalb Anna nicht weiß, wie sie die Abschlussfahrt finanzieren soll.
Da niemand zu Hause ist, heult sich das Mädchen bei dem geheimnisvollen <nonverbal> aus, der ihr in den nächsten Wochen und Monaten ein guter Freund wird. Er gibt ihr Tipps, als sie in der Schule Probleme hat, als Annemaries manische Depression immer schlimmer wird und sie, die Tochter, immer mehr die Rolle der Mutter übernehmen muss, und als schließlich auch in der Clique alles schief läuft.
*Dunkle Vorwarnungen*
Doch der Chat hat auch Schattenseiten. Von dem unheimlichen <darkangel>, der sämtliche Chatter mit dunkeln Vorwarnungen erschreckt und mit Flüchen belegt, fühlt Anna sich bedrängt. Als Anna im Dunkeln brutal angegriffen wird und er weiß, welche Kleidung sie an diesem Abend getragen hat, bekommt sie erst recht Angst. Nach und nach wird klar, dass der Chat nicht so anonym ist, wie er scheint und dass viele mehr wissen, als sie zugeben. <penthesilea> und <nonverbal> allerdings wachsen immer enger zusammen, und Anna nimmt die virtuelle Realität immer ernster. Als dann endlich doch die Wahrheit ans Licht kommt, ist alles zu spät: „Die Bilder gestürzt, das Wunschtraum-Netz zerrissen,
Nonverbaler Crash“ (S.250) bringt <nonverbal> den Schock auf dem Punkt.
*Thema:Anonymität im Internet*
www.penthesilea-projekt.de ist ein außergewöhnliches und vielschichtiges Buch, das in einem von der Autorin Renate Günzel-Horatz und dem Lehrer Manfred Schäfer geleiteten Online-Schreibexperiment mit einer Schülergruppe verwirklicht wurde. Sprachlich treffsicher behandelt es nicht nur das Thema „Chatten“ und „Anonymität im Internet“ sondern unzählige für Jugendliche wichtige Punkte. Anna ist eine starke Person, die dennoch immer auf der Suche ist. Auf der Suche nach Liebe, Halt, Anerkennung, Geborgenheit und nicht zuletzt sich selbst. Dieses Suchen kennt vermutlich jeder und jede Heranwachsende aus eigener Erfahrung. Inhaltlich ist das Buch definitiv keine leichte Lektüre und bietet viel Stoff zum Nachdenken.
Es regt zum Reflektieren über das eigene (Chat)Verhalten an, zum Hinterfragen konventioneller Strukturen in Gruppen und zum genaueren und kritischen Betrachten der virtuellen Realität um uns herum, die einen immer wichtigeren Platz im Leben vieler Menschen einnimmt. Die hinter dem Werk stehende Idee und die kreative und gelungene Umsetzung bewundere ich.
Insgesamt widerspricht das Buch www.penthesilea-projekt.de dem gängigen Sprichwort „Viele Köche verderben den Brei“ vollkommen: Viele kreative junge Leute haben daran mitgearbeitet, dass die Geschichte wird, wie sie ist, Renate Günzel-Horaz hat dieses kreative Potential gebündelt und wunderbar verarbeitet. Und entstanden ist aus dieser gelungenen Kooperation ein modernes, vielschichtiges und sprachlich beeindruckendes Jugendbuch, das meiner Meinung nach als Pflichtlektüre in der Sekundarstufe II eingeführt werden sollte.
Von mir bekommt dieses Werk das Prädikat „besonders wertvoll“!
Autorin / Autor: firstmary - Stand: 26. Juni 2007