Frostfeuer

Autor: Kai Meyer
Spannender Fantasyroman mit ungewöhnlichen Figuren und wenig vorhersehbarer Handlung

Das Waisenmädchen Maus arbeitet in einem Hotel in St. Petersburg, wo sie ein Aschenputtel-Dasein führen muss. Von allen wird sie gehänselt und muss nachts niederste Arbeiten verrichten, z.B. Schuhe putzen oder die Fliesen in der Sauna polieren, wo dicke Männer schwitzen. Ihr einziger Freund ist der Eintänzer des Hotels, ein ehemaliger Leher, der Maus Lesen und Schreiben beibringt. Ihre freie Zeit verbringt sie mit kleineren Diebstählen, mit denen sie ihr Geheimversteck verschönert.
Eines Tages kommt eisiger Besuch in das Hotel, die Schneekönigin in Begleitung eines traurig aussehenden Jungen (der eigentlich ein Rentier ist **g**). Und damit nicht genug macht Maus gleich noch die Bekanntschaft mit einer weiteren merkwürdigen Person, die offenbar angereist ist, um sich ein Magieduell mit der Schneekönigin zu liefern. Dazu kommt es schließlich auch, aber nicht ohne Beteiligung von Maus, die zwischenzeitlich an der Decke hängt und sich nicht recht entscheiden kann, was ihre Rolle in dem Spiel sein soll.

*Antihelden*
Das Buch hat eine schöne Atmosphäre, liest sich sehr spannend und es ist von den Figuren her wirklich sehr ungewöhnlich. Denn die Heldin Maus ist nicht 100% symphatisch, sondern auch etwas linkisch. Sie sieht aus wie ein Junge, sie klaut, sie leidet unter Platzangst und traut sich darum nicht, das Hotel zu verlassen, sie trifft falsche Entscheidungen - oder richtige? - in jedem Fall welche, die man nicht erwartet. Wenn sie auch wie ein Aschenputtel eingeführt wird, kommt am Ende kein Prinz, der die erblühte Prinzessin in sein Schloss führt. Auch entwickelt sie nicht plötzlich wunderbare Fähigkeiten und es gibt kein geheimes Dokument, das besagt, dass es Maus bestimmt ist, die Welt zu retten. Maus bleibt einfach nur Maus, nur, dass sie ihre eigenen Ängste und Unsicherheiten am Ende zum Teil überwindet.

Dementsprechend sind auch die anderen Figuren nicht immer so, wie sie scheinen. Kann man sich darauf verlassen, dass die Schneekönigin wirklich nur böse ist? Und ist die komische Frau mit dem Regenschirm automatisch eine liebe, gute Zauberin, nur weil sie einen lustigen bunten Schal trägt und nett zu Maus ist? Und der nette Tänzer, hat der nicht auch irgendein dunkles Geheimnis?

*Alles wird gut - aber anders als üblich*
Die Mehrdeutigkeit der Figuren hat mir gut gefallen, weil die Geschichte dadurch nicht so vorhersehbar ist wie viele andere Fantasyromane, wo man weiß, dass die Helden immer im rechten Moment Verstärkung von den "Guten" bekommen oder irgendeine magische Fähigkeit oder königliche Herkunft an sich entdecken, so dass alles gut wird.
Hier wird irgendwie auch alles gut, aber auf anderem Weg und auf andere Weise. Und das macht das Buch zu etwas Besonderem.

Autorin / Autor: luthien - Stand: 15. Juni 2005