Gefährliche Fundsache
Autor: Graham McNamee
Ein leckerer Krimi-Happen
Tagein, tagaus versauert der 17-jährige Duncan geistig bei seinem Ferienjob als Mindestlohn-Sklave im Fundbüro der U-Bahn von Toronto. Bis etwas passiert, dass ihn zwar schlagartig aus der Öde rettet, andererseits aber auch vor ein sehr viel ernsteres Problem stellt – Duncan stößt unter den Fundsachen auf eine unbeschriftete Lederkladde, die das Tagebuch eines Psychopathen zu sein scheint. Als Duncan darin neben detaillierten Beschreibungen von grausamen Versuchen an Tieren und Brandstiftungen auch Pläne zum Mord an drei jungen Frauen findet und die Polizei tatenlos bleibt, entschließt er sich, selber nach den möglichen Opfern und dem Mörder zu suchen.
Im Original nennt sich dieser spannende, im Jahr 2004 mit dem Edgar Ellen Poe Award ausgezeichnete Jugend-Krimi „Accelaration“, was soviel wie „Beschleunigung“ bedeutet. Das gefällt mir doch gleich viel besser als der sehr allgemein wirkende Titel der deutschen Übersetzung, denn der Name ist hier Programm. Dieser Begriff steht in der Kriminologie nämlich – wie der Leser während des Buches zusammen mit dem Hauptcharakter erfährt – für den Werdegang eines typischen Serienkillers, der sich von Tierquälerei über Brandstiftung bis hin zu Morden an Menschen erstreckt. Außerdem beschleunigt auch das Buch zwar nicht gleichmäßig, aber doch beträchtlich, vom kompletten Stillstand am Anfang bis zum turbulenten Ende.
In 2 Punkten nicht ganz überzeugend...
Es gibt nur zwei Punkte an diesem Buch, die mich nicht ganz überzeugt haben. Das eine war die Übersetzung – die enthielt nämlich nicht nur so einige Grammatik- und Druckfehler, sondern auch diverse Spitznamen wurden nicht immer auf die gleiche Weise übersetzt, und die pseudo-hippe Teenie-Sprache lag teilweise hart an der Schmerzgrenze.
Beim anderen, schwerwiegenderen Punkt handelt es sich um das Tagebuch selber. Meiner Meinung nach müssen schon einige recht unwahrscheinliche Zufälle zusammenkommen, damit ein Psychopath, der vom Charakter und persönlichen Hintergrund her haarklein dem „Idealbild“ eines Serienkillers entspricht, mehr als zehn Jahre lang seine Entwicklung im gleichen Tagebuch festhält, dabei sowohl Einzelheiten über seine Straftaten als auch Details über seine Lebenssituation und seine traumatische Kindheit preisgibt und dann am Ende nicht gut genug aufpasst und das Buch einfach in der U-Bahn vergisst.
...dennoch nicht nur spannend, sondern auch witzig geschrieben.
Da ich mich aber insgesamt sehr gut unterhalten gefühlt habe, will ich mal nicht nörgeln. Ich habe das ganze Buch ohne abzusetzen während einer einzigen Zugfahrt gelesen und hab nicht einmal den Drang verspürt, mal ’ne Pause zu machen. Es ist nicht nur spannend, sondern stellenweise auch sehr, sehr witzig geschrieben und insgesamt so kurz (aber auf keinen Fall zu kurz), dass man es wie einen einzigen leckeren Krimi-Happen verschlingen kann.
Autorin / Autor: zachanassian - Stand: 13. Juni 2005