Buch: Der verlorene Blick
Autorin: Jana Frey
Ein Mädchen erblindet
Die Geschichte beruht auf einem wahren Ereignis: Leonie, 15 Jahre, die Hauptdarstellerin mit den hübschen "waldmeistergrünen" Augen und den langen, geraden Wimpern, um die sie alle beneiden, erblindet bei einem tragischen Autounfall. Sie hat zwei Brüder: den älteren Bruder Siemen - ein hübscher Junge, für den sehr viele Mädchen schwärmen - und den kleinen hochintellegenten Bruder Grischa - oder Einstein Junior genannt. Ihre Eltern: die Mutter eine Engländerin, dünn und Tänzerin, der Vater ein Psychologe, der straffällig gewordene Jugendliche außerhalb von Deutschland resozialisiert und deshalb sehr selten daheim ist. Zwei weitere wichtige Personen sind die Cousins von Leonis Freundin Janne, die Zwillinge Frederik und Sebastian. Und dann gibt's noch das Haustier, einen dicken Kater, der am liebsten faul herumliegt. Ohh, fast vergessen hätte ich das Au-pair Mädchen aus Amerika namens Katie Crawford, das hautsächlich wegen dem kleinen Grischa angestellt ist.
Hilflosigkeit
Jeder kennt das Gefühl hilflos zu sein, und in dem Buch lernt Leonie, wie sie trotz der Erblindung wieder zur Selbstständigkeit zurückkehren kann bzw. muss: Das hübsche 15jährige Mädchen verabschiedet sich im Frühling mit ihren zwei Brüdern von dem Vater am Flughafen, da er zwei Monate Urlaub in Australien machen will. Die drei Kinder sind es inzwischen gewöhnt, dass ihre Eltern sehr selten daheim sind. Kurzfristig bekommt die Mutter eine Einladung zu einem dreiwöchigen Tanzworkshop in Amsterdam und sie nimmt an, da das Au-pairmädchen Katie beteuert, gut auf Grischa aufzupassen. Katie freut sich schon darauf, weil sie heimlich in Siemen verliebt ist und so drei ungestörte Wochen mit ihm verbringen kann, obwohl er eine Freundin hat - aber es soll ja der Frühling der verbotenen Dinge werden. In dieser kalten, windigen Nacht treffen sich die drei Geschwister, das Au-pairmädchen, Leonies beste Freundin Janne und deren Cousin Frederik im Garten. Sie reden über Sebastian, der einen Selbstmordversuch hinter sich hatte und deswegen nicht dabei ist. Als der kleine Grischa im Bett war, fangen Katie und Siemen an sich zu küssen. Frederik gesteht Leonie nach einiger Zeit, dass er sich in sie verliebt hat und die beiden schlafen händchenhaltend im Gras ein. Am nächsten Morgen denken die Jugendlichen nicht daran in die Schule zu gehen, da Frederik am nächsten Tag schon wieder abreisen muss. An diesem Tag sieht Leonie ihren jüngeren Bruder zum letzten Mal.
Der Unfall
Die fünf Teenager fahren mit dem Familienwagen in einen abgelegenen Wald. Nach einem Waldspaziergang küßt Leonie küsst den 17jährigen zum ersten Mal. Die Rückfahrt verläuft stürmisch, da es angefangen hat zu regnen - aber so heftig, dass man durch das Fenster trotz der Scheibenwischer nichts mehr sehen kann. Plötzlich ein Aufprall, Leonie hört viele aufgeregte Stimmen, die ihren Namen rufen. Sie will antworten, aber es geht nicht. Das Mädchen verspürt einen Schmerz in ihrem Gesicht, der nicht enden will. Sie will aufwachen und Frederik wieder küssen, ihre Glieder bewegen und in die Schule gehen, aber da sind diese wahnsinnigen Schmerzen in ihrem Kopf. Sie wacht Wochen später auf und will den Verband entfernen, der um ihren kopf gewickelt ist, aber es geht nicht. Leonie ist zu schwach. Ihre Augen schmerzen. Sie wacht zum zweiten Mal auf und erinnert sich an den Unfall. Eine Stimme erzählt ihr, dass sie ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und Gesichtsverletzungen hatte und nun endlich nach drei Wochen aufgewacht ist. Das Mädchen verspürt wieder den Schmerz in ihren Augen und sie hört, wie ihre Eltern das Zimmer betreten. Die zwei Erwachsenen erzählen ihr von dem schrecklichen Unfall - dass sie die einzige Verletzte war - und von ihren Augen. In diesem Moment erfährt Leonie von ihrer Blindheit. Von einem Augenblick zum anderen. In ihr erstarrt alles, sie will nichts mehr hören, tot sein, einfach weg sein.
Leben in der Dunkelheit
Grischa ist der erste, der sie aufwecken kann. Dann vergehen wieder Tage, sie spürt die Ärzte, den Krankenhausalltag, die Besuche, aber die Dunkelheit wird kälter und bedrohlicher. Als ihre Eltern sie wieder einmal besuchen, redet das Mädchen mit ihnen. Leonie fragt ihre Eltern, ob es keine Chance gibt, ihr Augenlicht zurückzubekommen. Sie verneinen leise. Da begreift das Mädchen zum zweiten Mal die schreckliche Wahrheit und verspürt wieder alle Sinne und ergiebt sich. Niemand würde mehr zu ihr sagen, Leonie mit den waldmeistergrünen Augen. Mit Frederik würde es aus sein. Katie besucht sie, bricht in Tränen aus und beteuert, dass es ihr leid tut und sie niemals mehr bei Regen Autofahren könne. Als Leonie aufstehen muss, sträubt sie sich. Nach und nach muss sie mehr machen. Alleine essen, Zähne putzen und auf das Klo gehen. Dann hat sie zum ersten Mal seit dem Unfall ihre Periode, die Schwester drückt ihr einfach eine Binde in die Hand und ließ Leonie sich alleine waschen und umziehen. Mit ihrer Familie redet sie immer noch nicht. Ein paar Wochen vor ihrem 16. Geburtstag darf sie nach Hause. Als Leonie ihre Eltern im Krankenhaus kurz vor der Heimfahrt fragt, in welchen Krankenhaus sie sei, antworten diese: "Sankt Katharienstift". Erinnerungen werden wach, dort wurde sie geboren, Grischa lag dort mit einer schweren Bronchitis und Siemen hatte dort einen Gips bekommen... Je mehr sie darübernachdenkt, um so verzweifelter wird Leonie. Nie wieder würde sie alles sehen. Sie will sterben. Zu Hause erwartet sie die ganze Verwandschaft und Janne, aber Leonie will in ihr Zimmer und mit keinem sprechen. Die nächsten Wochen verlaufen in trister Einsamkeit. Die Blinde denkt an Frederik, der sie bestimmt nicht mehr als Freundin will, an die Berührungen und an die Küsse. Sie ist todunglücklich.
Eine traurige Geschichte - mit HappyEnd??
Erst als Frau Abrahamin und Henry kommen, um ihr das Laufen mit dem Taststock und die Blindenschrift beizubringen, muss sie aus ihrem Schneckenhaus herauskommen. An ihrem 16. Geburtstag zwingen die Eltern Leonie mit der Familie zu frühstücken und ab diesem Zeitpunkt verbringt sie jedes Essen mit ihrer Familie, obwohl sie am Anfang Angst hatte zu kleckern und dachte, jeder würde sie beobachten. Aber Leonie kann ja keinen sehen. Nie mehr. Nicht nur die Verwandschaft kommt an ihrem 16. Geburtstag, sondern auch ihre ehmalige Lehrerin, die Leonie überredet, wieder in die Schule zu gehen. Frederik und Sebastian kommen auch. Mit Frederik will sie nichts mehr zu tun haben, und läßt ihn nicht zu sich kommen. Aber Leonie fragt Sebastian, wieso er damals versucht hatte, sich umzubringen. Er erzählt ihr von seiner Krankheit, bei der er nächstes Jahr blind sein würde. Nun verstand Leonie Sebastian, ihr ging es genauso. Er erzählt ihr aber auch von seiner blinden Freundin. Der Unterricht fängt wieder an, mit Leonie! Die Klasse nimmt sie freudig auf. Leonie erfährt, dass Frederik 18 wird, und Janne überredet sie, mit ihr alleine nach Berlin zu ihm zu fahren. Anfangs ist Leonie dagegen, aber Janne weiß, dass Leonie immer noch in Frederik verliebt ist. Die Reise wird zu einem Wendepunkt in Leonies Leben. Und, um das mal vorwegzunehmen: Frederik und Leonie sind heute immer noch ein Paar. Das Buch ist superschön, aber teilweise so traurig, dass man heulen kann. Es ist sehr einfach zu lesen und der mühevolle Prozess, die Blindheit zu akzeptieren, ist gut beschrieben. Schade ist, dass das Buch so abrupt endet und das Cover abschreckt, das Buch zu lesen. Ist aber sehr empfehlenswert.
Autorin / Autor:
Judogirl - Stand: 13. August 2002