Eis ohne schlechtes Gewissen?

WWF-Analyse: Immer öfter enthält Eiscreme Kokos- statt Palmöl. Beim Kokosöl wird auch nicht auf Nachhaltigkeit geachtet

Ein Sommer ohne Eis, ist wie... ein Film ohne Musik - oder so ähnlich ;-). Allein in Deutschland haben wir im vergangenen Jahr fast 700 Millionen Liter Speiseeis weggeschleckt. In diesem Jahr werden es aufgrund der langanhaltenden hohen Temperaturen vermutlich noch mehr Eiskugeln sein. Umweltschützer_innen hatten in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Süßspeise auch Palmöl enthält, was unter umweltschädlichen und sozial unverträglichen Bedingungen gewonnen wird. Inzwischen nutzen die Eiscreme-Produzenten allerdings laut der Naturschutzorganisation WWF neunmal so viel Kokos- wie Palmöl. Aber auch bei Kokos spielen Nachhaltigkeitskriterien bisher keine Rolle. Das ist das Ergebnis einer WWF-Befragung von 16 Unternehmen, darunter die größten Eisproduzenten mit Produktion oder Hauptsitz in Deutschland sowie die Top Fünf des Lebensmitteleinzelhandels. Leider gibt keines der befragten Unternehmen an, beim eingesetzten Kokosöl zertifizierte Ware einzusetzen oder ökologische und soziale Kriterien bei den Lieferanten einzufordern. Fünf angefragte Firmen, darunter Landliebe, DMK Eis und Janny´s verweigerten komplett die Auskunft.

„Eine Kugel Eis sollte ohne schlechtes Gewissen genossen werden können – und ohne, dass dafür Kleinbauern an der Armutsgrenze leben müssen oder Regenwald gerodet wird“, kritisiert Ilka Petersen, Referentin Landnutzung und nachhaltige Biomasse beim WWF Deutschland. „Palmöl ist seit Jahren im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung und Kritik. Unternehmen setzen daher alternative Pflanzenöle und -fette an seiner Stelle ein – auch bei Eiscreme. Doch dieser Austausch macht für die Umwelt nur dann Sinn, wenn Nachhaltigkeit beim Kokosanbau eingefordert wird. Alles andere ist Augenwischerei gegenüber den Kunden.“

Einige Hersteller hatten angegeben, Palmöl in den vergangenen Jahren zwar ersetzt zu haben, aber keines der befragten Unternehmen hat stattdessen Inhaltsstoffe gewählt, die ökologische und soziale Folgen in Betracht ziehen. Lediglich Kaufland beachtet - laut eigener Aussage - Kriterien wie Gesundheit, Ökologie und Soziales, wenn Öle ausgetauscht werden. Auffällig war aber, dass zwar kein Unternehmen für das Kokosnussöl ökologische und soziale Mindeststandards bei seinen Lieferanten einfordert, aber alle, die noch Palmöl verwenden gaben an, es sei zertifiziert. „Bei Palmöl wird einiges getan, denn dort ist der Druck von Organisation wie etwa dem WWF oder den Verbrauchern groß. Fehlt dieser Druck, fehlt auch das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit“, schlussfolgert Petersen. Dies gelte für alle anderen eingesetzten Öle und Fette sowie Sahne. Lediglich bei der Kakaobutter achten einige auf Zertifizierungen, wie UTZ oder Fairtrade.

Es sei unerklärlich, warum insbesondere an Kokosöl, das teilweise in den gleichen Ländern wie das viel diskutierte Palmöl angebaut wird, keine Anforderungen gestellt werden, so der WWF. Dabei gebe es Alternativen: „Es ist konventionelles Kokosnussöl, das nach Rainforest Alliance zertifiziert ist, am Markt verfügbar. Es ist zudem Bio-Kokosöl und Fairtrade-Ware erhältlich“, so WWF-Expertin Petersen. Verbraucher_innen sollten aktiv bei den Herstellern und im Einzelhandel nachfragen oder auf Bio-Eiscremes umzusteigen.

*Zum Hintergrund*
Der globale Anbau von Kokospalmen erfolgte 2016 auf rund 12,2 Mio. Hektar mit denen 1,1 Prozent des weltweiten Pflanzenölbedarfs gedeckt wurde. Ölpalmen bedeckten 2016 rund 21,1 Mio. Hektar. Damit wurden 33 % des weltweiten Pflanzenölbedarfs gedeckt. Der Ertrag der Ölpalme liegt mit durchschnittlich etwa 3,3, t/ha weit über dem von Kokosöl mit 0,7 t/ha.
Zwar findet der derzeitige Anbau der Kokospalme in überwiegend sehr kleinbäuerlichen Strukturen statt, mit (wahrscheinlich) sehr geringem Einsatz von Pestiziden und synthetischem Dünger, allerdings leben beispielsweise geschätzte 60 % der Kokos-Kleinbauern auf den Philippinen unter der Armutsgrenze. Seit Jahrzehnten dominieren Zwischenhändler auf mehreren Ebenen die Branche. Kokosöl wird am Weltmarkt teurer gehandelt als Palmöl und Palmkernöl. Bei den Kleinbauern kommt davon allerdings offenbar nicht viel an. Hier braucht es dringend unterstützende Maßnahmen.
Außerdem muss laut WWF verhindert werden, dass es zu einem Kokos-Boom kommt, der unter ökologisch ähnlich katastrophalen Umständen verläuft wie bei Palmöl. Noch 1990 lag die Palmöl-Anbaufläche weltweit bei gerade einmal knapp 6 Mio. Hektar.

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