Es ist 8:45 Uhr. Themba Balewa bindet den Knoten seiner rot-grün gestreiften Krawatte zu Ende und verlässt eiligen Schrittes sein Ankleidezimmer. Im Flur befindet sich ein Offizier, der ihn mit den Worten „Mister President“ und einem Nicken begrüßt. „Guten Morgen Albert“, antwortet Themba Balewa. „Geben Sie bitte Wisal Bescheid, dass ich in fünfzehn Minuten abfahrbereit bin.“ Albert berührt einen Knopf seines Funkgeräts, welches an der linken Seite seines Oberarms befestigt ist. Themba lässt Albert im Flur zurück, während er sich ein schnelles Frühstück in der Küche gönnt, das aus einem nahrhaften Hirsebrei und einem Tee besteht. Um 9:00 Uhr betritt Themba die Garage seines Anwesens, Wisal öffnet ihm die Hintertür des Wagens und steigt danach bei der Fahrertür ins Auto ein. Der Motor des solarbetriebenen Autos erwacht krachend zum Leben und Wisal lenkt das Fahrzeug auf die Landesstraße Richtung Kapstadt.
Um 10:00 Uhr hält der Wagen vor dem House of Parliament. Themba hält kurz inne, um das Gefühl zu genießen, welches ihn jedes Mal überkommt, wenn er das Gebäude sieht. „Das grüne Haus“, wie es oftmals in den Medien bezeichnet wird, hat eine einzigarte Ausstrahlung auf jeden Besucher.
Kaum hat Themba das HoP betreten, erscheint auch schon sein Generalsekretär, der ihm die wichtigsten Neuigkeiten der Weltpolitik berichtet. Für mehr ist keine Zeit, denn um 10:30 Uhr beginnt die jährliche Hauptversammlung der African Assoziation, einer Institution, die aus den Oberhäuptern aller afrikanischen Staaten besteht.
Kurz vor Sitzungsbeginn betritt Themba den Sitzungssaal, in welchem schon alle um den runden Tisch Platz genommen haben. Er setzt sich auf den für ihn reservierten Platz und eröffnet die 5. Sitzung der African Assoziation. „Guten Morgen meine Damen und Herren. Sie wissen, warum wir uns heute hier versammelt haben. Ich hoffe, Sie haben sich im vergangen Jahr Gedanken über unsere weitere Zukunft gemacht.“
Die Präsidentin der Elfenbeinküste räuspert sich: „Sollten wir nicht zuerst klären, ob wir überhaupt das gleiche Geld wie im Vorjahr zu Verfügung haben? Gerüchten zufolge braut sich in Europa etwas zusammen.“ Die Reaktion auf diese Aussage ist zweigeteilt. Während die eine Hälfte besorgt wirkt, lacht der Rest lauthals auf. „Diese Schmutzfinke? Adila, Sie belieben zu scherzen“, sagt der Präsident der Republik Kongo.
Themba sieht es wie Adila, denn sein Generalsekretär hatte Kontakt zu allen Botschaftsmitgliedern aufgenommen und der Botschafter in Liechtenstein berichtete von vielen Neuerungen im vergangen Jahr, die dazu beitragen sollten, die Ziele der Nachhaltigkeitskonferenz von Zürich zu erreichen.
„Auch mir sind solche Gerüchte zu Ohren gekommen, Adila. Das ändert jedoch nicht viel an unserem Budget. Wir wissen alle, dass ein, zwei oder drei Länder weniger, die Strafe zahlen müssen, nicht ins Gewicht fallen. Schließlich teilen sich die 500 Millionen pro Staat auf alle grünen Länder auf“, antwortet Themba. „Schieben wir also die Bedenken erstmals beiseite, um uns mit neueren Innovationen zu befassen.“
Als hätte er auf dieses Stichwort gewartet, meldet sich der Präsident von Uganda zu Wort. „Wir haben in Uganda eine Umfrage durchführen lassen, um zu sehen, welche Änderung die beste Rückmeldung der Bevölkerung erreichen konnte. Überraschenderweise fanden wir unsere Kein-Erdöl-Strategie nicht weit vorne, obwohl die Werkstätten durch die staatlich finanzierte Förderung besser laufen als vor der Umsetzung. Wir vermuten Unmut bei den Inhabern und Mitarbeitern der ehemaligen Tankstellen, da die Leute nicht mehr tanken müssen. Wenig überraschend, aber erfreulich, war die Auswertung, dass die öffentlichen Papier-Recycle-Stellen gut angenommen wurden. Auch weit vorne fanden wir die Kleinbauern-Initiative.“
An diesem Punkt unterbrach der Präsident von Kongo für eine Zwischenfrage: „Von welcher Kleinbauern-Initiative sprechen wir hier? Jener, bei der staatlich finanzierte mehrstöckige Glashäuser errichtet wurden? Oder das Projekt, das jedem Einwohner eine eigene Anbaufläche für eigene Produkte ermöglichen sollte?“
„Besonders das Anbau-Projekt. Die meisten Dächer im Süden des Landes sind bereits zu Anbauflächen umgebaut worden und wir überlegen noch an Alternativen, um auch im Norden Möglichkeiten dafür zu schaffen, aber noch steht uns die Wasserproblematik im Weg.“
Mehrere Präsidenten stimmen zu, dass auch in ihren Ländern das Anbauprojekt sehr gut aufgenommen wurde, aber oftmals nicht flächendeckend realisierbar gewesen sei.
Themba wird damit ein guter Gesprächseinstieg geboten: „Wir, als Republik Südafrika, haben in den letzten zwei Monaten einen intensiven Kontakt zu einer Forschergruppe gehabt, die daran gearbeitet hat, Wasser aus der Luft zu extrahieren. Erstaunlicherweise gab es so viele Fortschritte, dass wir schon heute eine fertige Maschine betrachten können, die solarbetrieben arbeitet.“ Erfreute Ausrufe werden laut. „Mein Vorschlag wäre es, das Budget der Strafzahlungen dafür zu verwenden, in unseren wasserärmeren Regionen solche Maschinen zu installieren.“
Die Versammlung muss nicht lange überlegen, um einen Beschluss zu fassen. Dieser besagt, dass alle Gelder, die von den Ländern kommen, die die Nachhaltigkeitsziele der Konferenz von Zürich im letzten Jahr nicht erfüllt haben, für das Projekt verwendet werden.
Einen Monat später sitzt Themba in seinem Büro im House of Parliament, als sein Generalsekretär mit einer Neuigkeit hereinplatzt: „Mister President, Liechtenstein und die Schweiz haben in diesem Jahr die Ziele erfüllt. Alle Medien drehen durch.“
Ein Lächeln breitet sich auf Themba Balewas Gesicht aus. „Schicken Sie bitte eine Karte mit den besten Glückwünschen an die beiden Staaten und lassen Sie Ihnen bitte eine Einladung zur Grüne-Staaten-Konferenz zukommen.“