Bei Gianna Sisters handelt es sich um die Handy-Adaption des C64-Spieles The Great Gianna Sisters von 1991 (das schon Ende der 80er Jahre für den Amiga erschien). Wie jedem, der an irgendeinem Punkt der 80er Jahre mal lebendig war, schon vom Titel her vermuten dürfte, lehnt sich das Spielprinzip eng an das des bewährten „Ur-Jump ‚n’ Runs“ Super Mario Brothers an. Jaaa, da kommen Erinnerungen auf an damals, als ich noch ein reales Leben hatte und 7 km barfuß durch den Schnee laufen musste, um an die nächste öffentliche Spielekonsole zu gelangen…
*Die Geschichte*
Die spärliche Story ist schnell erzählt: Eines nachts findet sich die junge Gianna aus Milano in ihrem eigenen Albtraum gefangen – einer von seltsamen Kreaturen bewohnten Welt, in der die Erdanziehungskraft viel schwächer ist als in der realen. Aufwachen kann Gianna nur, wenn sie einen besonderen Diamanten findet, vorher muss sie sich jedoch durch 16 Level voller Feinde, Feuer und Abgründe kämpfen. Stirbt sie fünfmal hintereinander, ist Schluss und Gianna muss für immer in ihrem Traum verschollen bleiben. Was Gianna nicht weiß, ist dass ihre kleine Schwester Maria den gleichen Albtraum hat, und der Spieler den Traum auch durch deren Augen erleben kann.
*Die Bedienung*
Die Steuerung ist denkbar simpel: Nach links und rechts bewegen kann man Gianna mit der 4 bzw der 6, oder bei Handys, die eins haben, mit dem Steuerkreuz. Gesprungen wird mit der 2, außerdem kann man mit den Tasten 1 und 3 nach schräg links bzw schräg rechts springen, was für Leute ohne Steuerkreuz garantiert praktisch ist. Schiessen kann man mit der 5 sobald Gianna diese Fähigkeit erlernt hat.
Wie schon erwähnt dürfte Spielern der alten Nintendo-Klassikers hier einiges bekannt vorkommen. Nicht nur, dass die Grafik fast identisch ist und das erste Level nahezu eins zu eins übernommen wurde, nein, auch die Spielsteuerung ist sehr offensichtlich ausgeliehen, so z.B. das System, mit dessen Hilfe unsere Heldin neue Fähigkeiten dazugewinnen kann, indem sie von unten gegen Steine springt und die darin enthaltenen Gegenstände aufsammelt. In der Tat waren die Ähnlichkeiten zu Mario Brothers so groß, dass Nintendo durch das originale Gianna Sisters seine Rechte verletzt sah und das Spiel nach verlorenem Rechtsstreit vom Markt genommen werden musste. Dies konnte die Begeisterung der Fans jedoch nicht dämpfen, und das Spiel wurde zum begehrten Sammlerstück und tauchte übers Internet in mehreren Reinkarnationen auf.
*Meine Wertung*
Für die mangelnde Originalität gibt es bei mir jedoch nur einen halben Punkt Abzug, denn ich finde die Frage wichtiger, ob die Handyversion an sich ihr Geld wert ist, als die, ob es zu sehr einem Spiel ähnelt, das keine wirkliche Konkurrenz darstellt, weil es für diese Plattform gar nicht erschienen ist.
Die Grafik wurde in ihrer ganzen liebevollen 16-farbigen Pracht detailgenau vom Originalspiel übernommen. Obwohl das Ganze heutzutage sehr retro wirkt und die grafischen Möglichkeiten moderner Handybildschirme damit nicht wirklich ausgenutzt werden, stellt auch das für mich keinen wirklichen Nachteil dar, denn es geht hier ja nicht um schicke 3D-heit, sondern um die Wiederbelebung eines Klassikers. Zudem hat diese Zurück -zu-den-Wurzeln-Grafik den Vorteil, dass das Spiel mit ca. 125 KB relativ klein bleibt und damit beim WAP-Download nicht so viele Gebühren anfallen. Der Download hat bei mir ca. dreieinhalb Minuten gedauert, was mit meinem Vertrag etwa 80 Cent entspricht.
In die Handyversion wurden aus dem Computerspiel nur 16 der ursprünglichen 32 Level übernommen. Ob das die Qualität beeinträchtigt, kann ich nicht genau sagen, da ich die Computerversion nie gespielt habe. So oder so finde ich den Umfang von 16 Leveln für ein Handyspiel immer noch sehr passabel.
Ein wenig (sehr) nervig fand ich hingegen die Implementierung der „Schwerelosigkeit“ im Spiel. Die wird nämlich dadurch simuliert, dass bei jeder Bewegung eine kleine Zeitverzögerung eintritt, bevor sie ausgeführt wird und es hinterher auch schwieriger ist zu bremsen. Das stellt deshalb ein Problem dar, weil ja im Gegensatz zu den Fernseher- und Computerbildschirmen, für die das Spiel ursprünglich konzipiert war, der durchschnittliche Handybildschirm Hochformat hat. Dadurch, dass man immer nur die 3 Pixel direkt vor den Füßen seiner Spielfigur im Voraus sehen kann, ist es sehr schwer bei dieser Verzögerung rechtzeitig zu reagieren, und regelmäßiges Sterben und Neuladen sind vorprogrammiert.
Die Musik ist eher neutral, und typisch für die Jump ‚n’ Runs der alten Schule – kurzfristig unterhaltsam und seltsam süchtig machend, langfristig nervig. Einen fetten Bonuspunkt gibt es für die umfassende Hilfefunktion, in der die Steuerung, sowie Einzelheiten zu den Gegnern und aufzufindenden Gegenständen erklärt werden (ich hatte auch schon Handyspiele, in denen die „Hilfe“ aus 3 Sätzen bestand, die sich anhörten, als wären sie von einem koreanischen Reisbauern vom Chinesischen ins Englische übersetzt worden).
Alles in Allem hängt es größtenteils vom Preis ab, ob ich dieses Spiel weiterempfehlen würde. Mehr als 3-4 Euro (runterWAPen exklusive) würde ich auf keinen Fall dafür bezahlen, aber davon abgesehen halte ich Gianna Sisters für eine im Großen und Ganzen gelungene Klassiker-Adaption, an der sowohl Spiele-Nostalgiker als auch Neueinsteiger ihre Freude haben dürften.