Der Strand. So schön, so still, so weit.
Mit Schätzen, tief im Sand versteckt.
Mit mir und purer Einsamkeit.
Mit Muscheln, gerissen und verdreckt.
Hier steh ich in aller Frühe,
Mein Blick auf tobenden Wellen.
Sie geben sich so viel Mühe,
Sind stark, bis wir sie entstellen.
Meine Finger im feuchten Sand.
Die Hände brechen das Wasser
Und das Wasser bricht mein Armband.
Es sinkt, taucht, wird immer nasser.
Panik keimt plötzlich in mir auf.
Ich brauche meinen Schmuck zurück!
Ein Schillern schwimmt zu mir herauf.
Mein Armband, so ein großes Glück.
Doch wenn Menschen sich entscheiden,
Selber glücklich sein zu wollen,
Muss irgendjemand dafür leiden
Und das Schicksal kommt ins Rollen.
Es taucht aus diesem Gewässer
Ein todgeweihter Fisch herauf.
Mein Schmuck drückt wie ein Messer
Auf seine dünnen Schuppen drauf.
Erschrocken nehme ich das Band
Und reiße es bestürzt entzwei.
Dann renn ich mit dem Fisch ans Land,
Bete, dass ihm zu helfen sei.
Gott sei Dank, ihm hilft ein Doktor.
Doch ins Meer darf er noch nicht.
Der Arzt holt schnell ein Band hervor,
markiert damit die Schuppenschicht.
Timmi, so heißt mein kleiner Fisch,
Wohnt fortan im Aquarium.
Sein Leben ist nicht quälerisch,
Er frisst und schläft und schwimmt herum.
Trotzdem geht´s Tim nicht aus dem Sinn:
Im Meer war er nicht so allein.
Deshalb geh ich nochmal hin
Und sammle Artgenossen ein.
Doch nachdem ich den Weg verließ:
Wo ist mein Platz, mein Meer, mein Strand?
Vor mir liegt das Paradies.
Türkises Wasser, grüner Sand.
Es dauert eine ganze Weile,
Bis ich merke, was hier nicht stimmt.
Das im Sand, das sind ja Seile!
Und Plastik, das im Wasser schwimmt.
Doch am schlimmsten ist, zu sehen,
Wie die Tiere sich verketten.
Manche müssen untergehen,
Andere kann ich noch retten.
Die Lebenden bring ich zu Tim.
Sorgen muss ich mir nicht machen,
Denn ihre Wunden sind nicht schlimm.
Mich bedrücken andere Sachen.
„Es geht nicht weiter mit dem Mist.“
Ich streichle über Timmis Band,
Das an Schuppen befestigt ist.
„Mir reicht es mit dem Schmutz am Strand.“
Ich kann meine Eltern fragen.
Deren Firma weiß bestimmt,
Wie Müllentsorgungen versagen
Und was man dagegen unternimmt.
Tatsächlich müssen wir was tun.
Denn wenn nicht wir, wer fängt dann an?
Jeder lässt es drauf beruh´n.
Probleme sind jetzt, nicht irgendwann!
Wir putzen den Strand, sammeln Dreck,
Trennen Müll, reinigen Straßen.
Doch das Plastik geht nicht weg.
Also nutze es in Maßen!
Ist Plastik überhaupt so schlecht?
Müssen wir es denn verschwenden?
Verteilen wir es nur gerecht,
Kann es große Not beenden.
Recycelt und neu angemalt,
Wird’s zur Prothese für ein Bein.
Gesammelt, also unbezahlt,
Kann Plastik ein Baustoff sein.
Allen Rest, den keiner nutzt,
Muss man nicht ins Ausland schaffen.
Dort wird er schließlich nicht geputzt,
An ihm verschlucken sich nur Affen.
Auch im Inland gibt´s Experten,
Die bestimmt Methoden kennen,
Plastikmüll gut zu verwerten
Und den Abfall schön zu trennen.
Timmi und ich, wir sind bekannt.
Sein Band schimmert im Rampenlicht.
Wir arbeiten stets mit Verstand,
Doch Unterstützung kommt noch nicht.
Es wird wohl eine Weile dauern,
Bis die Menschheit doch kapiert,
Wie Umwelt und Natur versauern,
Wenn nicht bald etwas passiert.
Doch das wird mich nicht aufhalten.
Ich tue was, so gut es geht,
Lasse Schutz und Fairness walten,
Damit Natur jeder versteht.
Aber ich denke an den Tag,
Als mein Armband unterging.
Als Timmi dann am Ufer lag
Und schließlich alles anfing.
Jetzt ist es vielleicht an der Zeit,
Tim zurück ins Meer zu bringen.
Auch seine Wunden sind soweit.
Ihm kann ein Neuanfang gelingen.
Ich streichle ihn mit schwerem Herz,
Das schmale Band, die Schuppenschicht.
Er guckt mich an, als wär's ein Scherz.
Lieber Tim, das ist es nicht.
Noch vor dem Sonnenuntergang
Haben wir den Strand erreicht.
Wandeln am Meeresrand entlang.
Der Sand ist feucht, das Meer ganz seicht.
Dann ist alles vorbereitet,
Ab dem Moment ist Timmi frei.
Ich seh‘, wie er durchs Wasser gleitet,
Als ob es sein Zuhause sei.
Jetzt bin es also nur noch ich,
Völlig allein mit der Mission.
Aber, da bin ich ganz ehrlich,
Etwas nervös macht mich das schon.
Ohne Timmi ist es schwer,
Die Leute zu bewegen.
Denn ihm gefiel es immer sehr,
In den Menschen was zu regen.
Also versuche ich allein,
Die Umwelt noch zu schützen.
So schwierig kann es doch nicht sein,
Natur zu unterstützen.
Denn ich tue das für Pflanzen,
Für Tiere, Pilze und die Luft.
Für unsere Welt im Ganzen,
Für Blumen und auch ihren Duft.
Als ich am nächsten Morgen,
Den schmutzigen Strand betrete,
Bekomme ich große Sorgen.
Ölteppich, Plastik, Pakete.
Zwischen dem Dreck machen Tiere schlapp,
Teile, die sich als Fisch entpuppen.
Unter Tränen schau ich hinab.
Ein schmales Band glänzt auf den Schuppen.