Neue Erkenntnisse aus der Diät-Forschung zeigen: Die Universallösung gibt es nicht
Noch liegt die Plätzchen-Saison vor uns. Schokolade, Kekse, Weihnachtsfestmähler. Kaum haben wir dann Sylvester hinter uns gebracht, beginnt die schlimmste "Saison" des Jahres: die Diät-Saison. Dann lachen von den "Frauenzeitschriften" wieder die Superschlanken, die dank Chia-Ananas-Ruccola-Smoothies, schleimiger Formula-Drinks oder Low Carb 5 Kg in einer Woche abgenommen haben oder durch Intervall-Fasten den Weihnachtsspeck im Nu wieder in die unbedingt erforderliche Bikinifigur verwandelt haben. Simsalabim.
Was auch immer für eine abstruse Diät gerade erfunden wird, sie ist immer ganz neu, ernährungswissenschaftlich einleuchtend und unglaublich wirksam. Nachdem früher eine fettarme Ernährung mit vielen Kohlehydraten angepriesen wurde, ging man zum Gegenteil über: Böse Kohlehydrate, gutes Fett! Aber Vorsicht: Natürlich nur das wertvolle Fett muss es sein! Oder doch nicht?
*Low Carb / high fat oder andersrum?*
Wissenschaftler_innen der Harvard T.H. Chan School of Public Health und Kolleg_innen anderer Institutionen haben sich diese Fragen genauer angesehen. Macht es einen Unterschied, welche Art Fett wir zu uns nehmen? Und welche Variante ist dann besser? Low carb/high fat oder umgekehrt? Sie haben kontroverse Positionen und Studien zu diesem Thema unter die Lupe genommen und diskutiert und sind schließlich zu einer gemeinsamen Einschätzung gelangt, die den Diät-Krieg beenden soll. Schließlich sollen sich Ernährungs-Expert_innen in Zukunft zu diesem Thema nicht ständig die Köpfe einschlagen, sondern an sinnvollen Fragestellungen forschen.
*Hauptsache irgendwie ausgewogen*
Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass es kein bestimmtes Verhältnis von Fett und Kohlehydraten gibt, das für jeden Menschen gleich sinnvoll ist. Hingegen sei grundsätzlich eine ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker und viel Vollkornprodukten am besten geeignet, ein gesundes Gewicht zu halten und chronischen Erkrankungen vorzubeugen. Da spielt dann das Verhältnis von Fett und Kohlehydraten bestenfalls eine nebensächliche Rolle. Sogenannte Transfette (teilgehärtete Pflanzenfette z.B. in Pommes, Chips, Keksen) und gesättigte Fettsäuren (z.B. tierische Fette, Kokosfett, Palmöl) durch ungesättigte Fettsäuren (z.B. Sonnenblumenöl, Olivenöl) zu ersetzen, sei dabei aber hilfreich.
*Empfehlung: Gezielter Forschen*
Sie empfehlen, dass in der Forschung künftig gezieltere Fragestellungen erforscht werden sollen, etwa, ob das Verhältnis von Fett und Kohlehydraten unabhängig von der Kalorienzahl wirklich einen Einfluss auf die Zusammensetzung unseres Körpers hat (Fett- und Muskelanteile).
Aus der Diskussion wird ersichtlich, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Grundlagen gibt, anhand derer jemand euch die perfekte Ernährungsempfehlung geben könnte. Wer euch von Low Carb vorschwärmt, der mag für sich das richtige gefunden haben. Für euch muss es nicht richtig sein!
*Mit Intervall-Fasten zur "Traum"figur?*
Der neuste Schnickschnack aus dem Diät-Universum ist nun das sogenannte intermettierende oder Intervall-Fasten. Nicht was wir essen, sei wichtig, sondern wann - behaupten zumindest die Intervallfasten-Jünger. Für Kenner: da gibt es die 16:8 Methode (16 Stunden nicht essen, 8 Stunden futtern) oder die 5:2 Methode (5 Tage futtern, zwei selbstgewählte Tage nicht essen). Dem Intervallfasten wurde - wie den zahlreichen Diät-Vorgängern - fantastische Wirkung nachgesagt: neben einem raschen Gewichtsverlust auch noch zahlreiche weitere Wohltaten für den Körper.
*Studie: Intervall-Fasten funktioniert – genau so gut wie andere Diäten*
Weil es bisher kaum Studien zu dem Thema gab, dafür aber viele Heilsversprechen, waren die Wissenschaftler_innen um Ruth Schübel vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) neugierig geworden und wollten überprüfen, ob die Effekte des sogenannten intermittierenden Fastens auch langfristig (positive) Wirkung haben. In ihrer Studie mit 150 übergewichtigen und fettleibigen Teilnehmer_innen untersuchten sie in drei verschiedenen Gruppen, wie sich Intervallfasten, einfache Kalorienreduktion um 20% oder die alleinige Ermunterung zu einer ausgewogenen Ernährung auswirken. Dabei kam heraus: Intervallfasten funktioniert, hilft beim Abnehmen und fördert die Gesundheit - allerdings auch nicht mehr als eine einfache Reduktion der Kalorien.
Die Forscher_innen empfehlen darum, sich einfach für das zu entscheiden, was einem leichter falle und das dann durchzuziehen. Denn Körper und Gesundheit würden auf jeden Fall von einer Gewichtsreduktion profitieren, sofern diese durch eine seriöse Diät und auf der Grundlage einer ausgewogenen Ernährung erfolge.
*Diäten für Jugendliche ungeeignet*
Und das wäre dann auch gleich der springende Punkt. Eine Diät, oder, besser gesagt, eine grundsätzliche Ernährungsumstellung brauchen ohnehin nur diejenigen, deren Übergewicht so stark ist, dass es gesundheitliche Probleme bereitet oder dies in naher Zukunft zu befürchten ist. Alle anderen, vor allem Jugendliche, sind gut beraten, die Finger von allem zu lassen, was als Diät oder Abnehmkur daherkommt. Es gibt sogar Expert_innen, die davon ausgehen, dass Diäten im Jugendalter für lebenslange Gewichtsprobleme und Essstörungen sorgen können.
Und auch für Nicht-Jugendliche rächt sich der schnelle Abnehmerfolg. Was abgespeckt wurde, kommt mit dem berüchtigten Jojo-Effekt genauso schnell wieder drauf, gerne noch mit einer kleinen Extra-Zugabe.
Ob Low Carb, Intervallfasten oder was der Diätmarkt aktuell sonst noch so ausspuckt: Diäten sind grundsätzlich keine geeignete Methode, langfristig einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Denn wer will schon langfristig unter einem Ernährungsdiktat stehen, das nicht auf Dauerhaftigkeit angegelegt ist und ständig mit dem Alltag kollidiert? Was genau gesunde Ernährung ausmacht, wird sich mit Sicherheit auch aus wissenschaftlicher immer wieder mal ändern. Aber sicher ist, dass wir wieder lernen müssen, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören. So suchtartig wir auf Süßes und Fettiges auch reagieren, wer zwei Tüten Chips und einen Liter Cola erstmal intus hat, fühlt sich in der Regel körperlich nicht gut, ob mit oder ohne Übergewicht.
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 29. November 2018