"Papa, nein..." Mit einem Schluchzer lässt sie sich neben ihren Vater auf die Knie fallen. Das ist doch nicht gerade passiert... Träumte sie vielleicht? Bitte, das konnte doch nicht wahr sein... "Jana..." Sie sah auf, ihr Vater drehte mühsam ihren Kopf zu ihr. Sein Gesicht war blutüberströmt, tiefe Schnitte waren zu erkennen, die nicht nur sein Gesicht zierten. Zitternd hob er seine verrenkte Hand hoch, die sie behutsam in ihre Hände nahm. "Mein liebes Kind... du solltest nicht hierherkommen..." Mit jedem mühsam ausgesprochenem Wort tropfte ein wenig Blut aus seinem Mund. Er sah so übel zugerichtet aus, dass seine Tochter anfing zu weinen. "Sieh mich bitte an..." Sie blickte in seine Augen, die Augen rotgeschwollen durch Tränen, verängstigt. Und doch... Er musste einfach lächeln. Er war so stolz auf sein tapferes Mädchen! "Ich bin so... stolz auf dich..." Ein heftiger Schmerz lässt ihn zusammenzucken. Der Schmerz durchflutete ihn, er legte sich auf die Seite, an seine Tochter gewandt. "Papa!" Ihre Stimme war durchtränkt von Angst. Sie hielt die Hand ihres Vater fest, als wolle sie sich vor dem Ertrinken retten. "Alles wird gut Papa, ich hole Hilfe! Dann werden wir dich gesund machen! Papa...!" Ihr fester Händedruck ließ seine gebrochene Hand noch schmerzvoller anfühlen, aber er gab kein Laut von sich. Nicht jetzt, wo er ihr noch etwas zum Schluss sagen musste. "Habe keine Angst, die anderen aus dem Team werden da sein, um dich zu unterstützen. Sei bitte stark, für uns beide... für mich..." Ein Stechen in der Brust verriet, dass die tödliche Wunde, das Loch in der Lunge gefährlich wurde. Der Tod wartete nicht mehr lange... Mit letzter Kraft strich der Vater seiner Tochter über die Wange und lächelte sie beruhigend an. "Flieh so schnell du kannst, bevor sie dich finden, das ist mein letzter Wunsch an dich. Flieh und rette dein Leben. Versprich mir das!" Seine Tochter schluckte schwer, sah ihn zitternd an. Der Regen hatte eingesetzt, leise platschten die Tropfen auf dem Boden - und nach kurzer Zeit donnerten tausende Regentropfen auf die beiden nieder. Sie vermischten sich mit den Tränen des Mädchens. Immer noch schien sie mit sich zu kämpfen. "Versprich mir, dass du dich versteckst, bis du dich selbst beschützen kannst!" "Aber ich..." "Sofort!" Sie spürte, wie ernst es ihm war. Sie brachte kein weiteres Wort mehr hervor, nickte nur noch. "Nun denn... geh!" Sie stand auf, drehte sich um und rannte los. Er sah ihr nach, die Gestalt wurde immer kleiner bis sie nicht mehr zu sehen war. Erleichtert schloss er die Augen. Sie war sicher... sicher... Ein seltsames Gefühl des Friedens durchflutete ihn, Stille legte sich über ihn. Alles wird gut, dachte er noch bei sich, bevor der Rest seines Lebens mit seinem Blut hinausfloss...
Seine Tochter rannte, schneller, immer schneller, vor ihrem geistigen Auge ihr Ziel festhaltend. Sie wusste, für was ihr Vater sein Leben ließ. Und sie beschloss, sein Opfer sollte nicht umsonst gewesen sein. Dafür würde sie auf jeden Fall sorgen...
Die Zeit verstrich... Aus dem verängstigten Mädchen ist inzwischen eine junge Erwachsene geworden. Selbstbewusst und stark - so hätte ihr Vater sie beschrieben. Ja, wenn er noch hier wäre... Jana musste kurz schlucken, doch sah sie die ermutigenden Blicke von den anderen. Sie alle waren einst Kollegen und Freunde ihres Vaters. Sie waren das Einzige, was von ihrer Familie, insbesondere ihres Vater übrig blieb. Mark ging auf sie zu. "Er wäre echt stolz auf dich", meinte er sanft. Er sah sie verständnisvoll an. Erst jetzt spürte sie die Gänsehaut auf ihrer Haut und sie hielt das Papier in ihrer Hand noch fester, als zuvor. "Auch wir sind stolz auf dich." Dabei nickte er den anderen zu, die zu Jana motivierend gestikulierten. "Nur durch dich erfuhr die Menschheit die Wahrheit. Durch deine Starrköpfigkeit und deinen Mut." Jana schwieg weiter. Sie war ihnen sehr dankbar für ihre Unterstützung.
"Jana Müssner, die als aktive Umweltschützerin eines der skrupellosesten Umweltverbrechen der Geschichte aufgedeckt hat!"
Sie zuckte bei dem Ausruf zusammen. "Es ist okay, geh hoch... Die Leute wollen dich, die Heldin sehen." Lea legte ihre Hand kurz auf Janas Schulter. Dadurch fühlte sich Jana ermutigt. Sie lief zügig die Bühne hinauf. Am Podium stand die Präsidentin, sie lächelte ihr strahlend zu. "Und hier ist sie! Diejenige, die unsere Welt gerettet hat!" Sie führte Jana zum Podium, trat schnell zur Seite, klatschte wie jeder andere Politiker in der riesigen Aula für ihre Heldin. Jana nickte leicht und deutet ein flüchtiges Lächeln an. Sie blickte durch das große Fenster. Es war ein strahlend heller Frühlingstag, der Beginn einer neuen Zeit. Damals, als ihr Vater, ein Wissenschaftler, für die Aufdeckung der Wahrheit sein Leben lassen musste, da sah das Wetter noch ganz anders aus... Das stürmische Klatschen verebbte, alle warteten gebannt auf Janas Ansprache. Diese wiederrum atmete tief ein. Sie strich kurz über das Armband, das sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte.
"Guten Tag." Ihre Stimme hallte durch die Aula. "Wie ihr wisst, bin ich hier, um über die Umwelt zu sprechen, sprich: Die Wahrheit, die uns die alte Regierung und die Industrie verschwiegen haben." Klatschen ertönte erneut, bis sie erneut die Stimme erhob. "Die Wahrheit, wie ihr alle wisst, ist, dass nicht der Klimawandel das Ausschlaggebende für die drohende Zerstörung der Natur ist. Es sind die giftigen Stoffe, die die Industrie in die Umwelt freisetzen. Die Regierung hat Schweigegeld von ihnen angenommen, um weiter Schadstoffe in die Welt zu setzen."
Lautes Getuschel war zu hören, man spürte wie die Stimmung umschlug, als Jana die Regierung erwähnte.
"Und ich möchte euch nun genauer erklären, wie ich darauf gekommen bin!", rief sie laut in das Mikrofon. Sie richtete sich kerzengerade auf. "Es fing alles mit meinem Vater an..." Jana hielt das Armband fest und spürte, dass er sicherlich stolz auf sie wäre...
'Ich danke dir... für alles', dachte Jana glückselig.