Eines Tages beschloss das Känguru, in einen Einkaufswagen zu hüpfen, davon zu rollen und sich bei der nächstmöglichen Gelegenheit Flügel zu besorgen. Flügel der Phantasie. Das Känguru fand die Flügel eines steinernen Engels, der zu den Füßen einer Statue über einem runden Wasserbecken schwebte. Ein Känguru das abhebt und fliegt. Der Grund, warum das Känguru fliegen konnte, waren Träume, die es nach oben zogen. Von was ein fliegendes Känguru träumen könnte, wusste es selbst nicht. Das fliegende Känguru dachte, dass es schwer sei, seine Träume zu kennen.
Die Sperrmüllprinzessin hatte ihren Sperrmüllpalast im 4. Stock über den Wolken eingerichtet, mit Dingen, die sie gefunden hatte. Zusammen mit der Sperrmüllprinzessin lebte dort ein Krawallmeerschweinchen. Es hatte kuschelweiches Fell, aber manchmal sträubte es alles Haare auf, immer dann wenn es Lust hatte, ein bisschen Krawall zu machen. Im Grunde genommen, war es dann trotzdem immer noch sehr freundlich.
Klopf, klopf.
"Hallo, hallo. Komm rein", sagt die Sperrmüllprinzessin.
"Guten Tag, ich bin ein weitgereistes Känguru", sagt das Känguru.
"War es eine gute Reise?", erkundigte sich die Sperrmüllprinzessin.
"Schwer zu sagen" erklärt das Känguru.
"Auch nicht schlecht", antwortete die Sperrmüllprinzessin, "komm rein. Wie hast du uns überhaupt hier oben gefunden?”
“Zufall. Aber vielleicht könnt ihr mir ja helfen zu finden, was ich suche. Leider weiß ich nur nicht, was es ist”, erklärte das Känguru.
"Hier bist du auf jeden Fall richtig, wenn du nicht weißt, was du suchst. Wir haben so viele Sachen, die nicht mehr gebraucht wurden auf der Erde", erklärte das Meerschwein.
Ein Sperrmüllpalast ist eine lustige Sache. Überall liegen kleine Dinge, überall findet sich etwas. Alles entstammt dem grenzenlosen Überfluss, der auf der Welt unter den Wolken herrscht. So ist ein Sperrmüllpalast ein Ort der unmöglichen Möglichkeiten, geboren aus dem Zuviel und geworden zu dem Genug. Es ist auch ein friedlicher Ort. Kein Leid um Besitz, keine Gier. In allen Ecken des Sperrmüllpalasts tummeln sich verschiedenste Dinge, die vom Schicksal der Welt erzählten. Bei seiner Suche im Sperrmüllpalast verspürte das Känguru manchmal einen Schmerz, nicht zu wissen, was es tun sollte in seinem Leben und wie es mit all dem Leid in der Welt umgehen sollte. Manchmal vergaß es, dass es auch Gutes gibt. Das Krawallmeerschwein nannte das den Weltschmerz, es sagte, dagegen helfe immer Torte.
Das Krawallmeerschwein kratzte sich am Kopf und begann leise: “Das Känguru ist blind”.
"Was meinst du?", fragte die Sperrmüllprinzessin.
"Es hat nicht bemerkt, was um es herum dort unten passiert ist. Viele sind den Ungeheuern zum Opfer gefallen. Die Ungeheuer haben viele Namen, sie heißen Langeweile, Einsamkeit oder Gier...und sie sehen jedes Mal anders aus, deshalb sind sie alle so schwer zu fangen", erklärte das Krawallmeerschein,
"Die Ungeheuer mit den vielen Namen haben dort unten vielen etwas genommen, das sie jetzt vermissen ohne dass sie ahnen was es sein könnte. Es ist sehr schwer, weil die Ungeheuer jedem etwas anderes genommen haben. Manche sind gemein, manche zerstören alles um sich herum, manche sind einfach unfähig, vor Angst noch etwas zu tun."
"Wie traurig", flüsterte die Sperrmüllprinzessin.
"Ich kann Musik machen und das Känguru zum Tanzen bringen, das ist gut für die Seele aber nur du kannst ihm zeigen, wovon es träumt, ohne es zu wissen, aber mehr kannst du auch nicht. Das was es sucht, wird es hier im Sperrmüllpalast nicht finden", schlug das Krawallmeerschwein vor.
Die Sperrmüllprinzessin, das Krawallmeerschwein und das Känguru brechen auf zu einer schwierigen Reise, stets mit Blick auf die Welt unter ihnen. Schmerzvoll sind die Anblicke der Zerstörerung. Noch überwiegt die Schönheit, der Zauber der Vielfalt, doch die Ungeheuer haben bereits viel in ihren gierigen Rachen verschlungen. Noch gibt es Schönheit und darin findet das Känguru einen Anfang dessen, wonach es gesucht hat. “Gegen böse Ungeheuer hilft nicht viel. Wem die Ungeheuer etwas weggenommen haben, der braucht eben was anderes, um sein Herz zu füllen”, stellt das Krawallmeerschwein über den Wolken fest.
Zurück im Sperrmüllpalast fängt das Krawallmeerschweinchen an, Akkordeon zu spielen und das Känguru fällt in einen tiefen Schlaf. Erschrocken fährt es hoch. Da waren sie, die Ungeheuer, in seinem Traum. Sie wollten ihm alles Schöne, all das, was es über den Wolken und im Sperrmüllpalast gefunden hatte, wegnehmen. Hastige Vorbereitungen, wo sind die steinernen Flügel? Ein Känguru macht sich wieder auf den Weg. Zum Abschied bekommt es von der Sperrmüllprinzessin eine kleine Schachtel geschenkt. Darin sind Samen der Hoffnung, Samen des Wandels, Samen des Mutes. Vielleicht hat das Känguru jetzt gefunden, wonach es gesucht hat.
Auf dem Weg nach unten hält das Känguru die Schachtel mit den Samen fest an die Brust gepresst, doch ein Windstoß reißt ihm die Schachtel aus der Hand und sie öffnet sich. Die Samen werden von allen Winden zerstreut und zur Erde getragen. Wie nun die Träume festhalten und sich nicht von der eigenen Verzweifelung besiegen lassen, ohne die Samen der Sperrmüllprinzessin? Gefundene Träume, gefundene Schönheit. Von oben sah die Welt doch so schön aus, so lebendig. Müde möchte sich das Känguru jetzt nur noch verstecken, denn es sieht überall Ungeheuer. Es schaut zu Boden und endeckt einen kleinen runden Samen im Gras. Der Same wächst und wird zu einem Baum im Traumgarten des Kängurus. Der Baum schützt den Garten vor den Ungeheuern und wächst über den Garten hinaus. Die Früchte sind Traumfrüchte und geben dem, der sie isst, Hoffnung und schmecken nach Freiheit. In welche Gärten wurden die anderen Samen gepflanzt, die der Wind zerstreut hat? Mut, Hoffnung, Veränderung und Träume wurden an verschiedensten Orten gesäht. Mögen sie überall fruchtbaren Boden finden, um aufzugehen und irgendwann Früchte zu tragen, damit die Ungeheuer eines Tages besiegt werden.