Gewissenhaft in den Hörsaal
Studie des DIW: Wahl des Studienfachs hängt auch mit Persönlichkeitseigenschaften zusammen
Ob man sich für ein Studium entscheidet und wenn ja, welches Fach man dann wählt, hängt nicht nur vom familiären Hintergrund ab, sondern auch davon, welche Persönlichkeitseigenschaften man hat. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Insbesondere wie gewissenhaft und offen eine Person ist, hat offenbar Einfluss darauf, ob und was sie studieren will. Je offener ein_e Abiturient_in beispielsweise ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Wahl auf ein geisteswissenschaftliches Fach fällt. Zählt man eher zu den kommunikativen Menschen, entscheidet man sich häufiger für Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und seltener für MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, so die Studienergebnisse.
„Sicherlich spielt das familiäre Umfeld, in dem Abiturientinnen und Abiturienten aufwachsen, eine Hauptrolle für Studienentscheidungen, und natürlich machen sich angehende Studierende auch Gedanken über finanzielle Aspekte und den Nutzen eines Studiums“, sagt Studienautorin Frauke Peter. „Allerdings sind in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsmerkmale relevant, wie wir mit unserer Studie zeigen können. Unter dem Strich haben sie zwar eine geringere Bedeutung als sozioökonomische Merkmale wie die Bildung der Eltern. Allerdings können Persönlichkeitsmerkmale Licht in einen bisher unerklärten Teil von Bildungsentscheidungen bringen“, so Peter.
*Persönlichkeitseigenschaften beeinflussen bereits die Studienabsicht*
Für die Studie haben Jan Berkes und Frauke Peter aus der Abteilung Bildung und Familie des DIW Berlin insgesamt fünf Persönlichkeitsdimensionen mit Blick auf deren Bedeutung für Entscheidungen rund um ein Studium untersucht: Offenheit für Neues, Gewissenhaftigkeit, Extraversion (dazu zählt Kommunikation), Verträglichkeit sowie Neurotizismus (dazu zählt Unsicherheit). Die NEPS-Stichprobe umfasst Informationen zu insgesamt gut 3.600 Abiturient_innen, die im Jahr 2010 die neunte Klasse besuchten und 2014 oder 2015 ihr Abitur machten. In einem ersten Schritt konnten die Autorin und der Autor nachweisen, dass Persönlichkeitseigenschaften schon für die Frage, ob man überhaupt studieren möchte, eine Rolle spielen – selbst dann, wenn man weitere Merkmale wie den familiären Bildungshintergrund oder das Geschlecht berücksichtigt.
In einem zweiten Schritt zeigte sich die Bedeutung der Persönlichkeitseigenschaften auch mit Blick auf die Wahl des Studienfachs. Ein Teil des Zusammenhangs verflüchtigt sich zwar, wenn man zusätzlich die Abiturnote heranzieht: So studieren beispielsweise gewissenhaftere Abiturient_innen auch deshalb häufiger Medizin, weil sie im Durchschnitt die besseren Abiturnoten haben. Nichtsdestotrotz lässt sich die Studienfachwahl zu einem anderen Teil auch direkt auf Persönlichkeitseigenschaften zurückführen, in diesem Fall Gewissenhaftigkeit.
*Infoangebote sollten Einfluss der Persönlichkeitseigenschaften berücksichtigen*
Berkes und Peter empfehlen daher, den Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften auf Studienentscheidungen bei Informationsangeboten stärker zu berücksichtigen. „Tage der offenen Tür beispielsweise sind an Universitäten weit verbreitet – eine eher zurückhaltende Person fühlt sich davon aber möglicherweise nicht so sehr angesprochen“, erklärt Jan Berkes. „Daher wäre es ratsam, solche und andere Angebote – dazu zählen auch die individuelle Studienberatung oder Mentoringprogramme – auf unterschiedliche Persönlichkeitseigenschaften auszurichten.“ Wichtig sei, so Berkes, dass die Informationen, die Schüler_innen brauchen, um die optimale Entscheidung für ihren weiteren Bildungsweg zu treffen, bei diesen auch ankämen. „Dadurch könnte nicht zuletzt der Studierendenanteil in Bereichen, die wie die MINT-Fächer Nachwuchssorgen haben, steigen. Zudem wäre mit weniger Studienabbrüchen zu rechnen, wenn Abiturient_innen häufiger das für sie passende Studienfach wählen“, ergänzt Peter.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 26. September 2019