Ein Ort, an dem jeder willkommen ist
Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Berenike Müller, 22 Jahre
Ich laufe durch die Straßen dieser unendlich großen Stadt, meine Haare abrasiert, doch die Figur einer Frau, die sich unter meiner Jogginghose und meinem Hoodie abzeichnet. Blicke, die nicht wissen, wo sie mich einordnen sollen. Verwundert und skeptisch starren sie mich an, während sie versuchen, mich in das binäre Geschlechtersystem unserer Gesellschaft einzuordnen. „Hört auf damit! Ich passe nicht in eure Welt! Hört auf mich irgendwohin einordnen zu wollen! Ich bin ein Mensch, genau wie ihr… Warum seht ihr das nicht?“, würde ich ihnen am liebsten entgegenschreien. Stattdessen laufe ich mit leerem Blick an den dunklen Gestalten vorbei, die nicht mehr sind als das Ergebnis einer diskriminierenden Sozialisation.
Endlich stehe ich vor meinem Ziel: Ein leichter Druck auf die Klingel, und im nächsten Moment öffnet sich auch schon die Türe. Wärme und der Geruch gekochter Nudeln strömt mir entgegen. Ein Lächeln breitet sich auf dem Gesicht der Person vor mir aus. „Lange nicht gesehen. Schön, dass du hier bist“, sagt sie und nimmt mich in den Arm. Ich betrete den Raum und geselle mich zu den Menschen, deren Gesichter ich seit bald einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Sie alle strömen auf mich zu, nehmen mich in den Arm und freuen sich mich zu sehen. „Möchtest du auch was essen?“, schallt eine bekannte Stimme aus der Küche zu mir herüber, und kurz darauf wird mir ein Teller mit Nudeln und Tomatensoße vor die Nase gehalten. Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten und fange an zu schluchzen. Und das ist vollkommen in Ordnung, denn an diesem Ort kann ich sein, wer ich bin. Für jeden gibt es so einen Ort, er muss nur geschaffen werden. Gemeinsam, tolerant, offen gegenüber anderen und Hand in Hand können wir eine Gesellschaft erschaffen, in der jeder einen Platz findet.
Autorin / Autor: Berenike Müller, 22 Jahre