Sie nennen es „Ehre”
Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Aya Elkhodary, 19 Jahre
Wir saßen im Laden meines Onkels,
ich damals noch 13 Jahre alt.
Meine Cousine rennt auf mich zu und prahlt:
„Sie, unsere andere Cousine, hat es geschafft”.
Meine Augen leuchten auf,
gleichzeitig zieht sich mein Magen von der Vorstellung zusammen.
Die Blicke - und vor allem das Verhalten der Hebammen -
seit Jahren wird mir beigebracht: DAS ist deine Ehre!
Immer und immer wieder höre ich diese Lehre.
Wenn du beschnitten bist, wirst du anständig,
du bist dann eine gute Frau,
die Männer, stehen dann, um deine Hand anzuhalten wie im Stau.
Meine Mama und ich gehen meine Cousine besuchen,
sie erzählt wie es war und von den ganzen Versuchen,
die Hebammen sitzen noch da und trinken Tee,
auf mich wirkt das, als hätten diese Tanten bei ihr nichts zu suchen.
Sie haben sie gerade doch verletzt,
an ihrer Stelle wäre ich nur... entsetzt.
Es ist ein Teil des Körpers, den sie da entnehmen.
Wie, sagt mir es bitte, kann man das für sich so hinnehmen?
Naja, wir ziehen nach Deutschland und ich werde immer mehr weltoffen.
2016 bin ich wieder in Ägypten, in meinem Dorf.
Meine Oma verkündet mir: „Nun bist du betroffen”.
Ich frage mich, wieso eigentlich?!
Ich besuche doch den Islam-Unterricht wöchentlich.
Da haben wir gelernt: DAS ist in allen Religionen UNWESENTLICH!
Achsooo,
das war doch die Ehre, die Tradition.
Die Genitalverstümmelung, oder wie man sie so euphemistisch ausdrückt,
die Frauenbeschneidung wird sogar als pharaonisch bezeichnet
und besteht schon seit 2500 Jahren.
Wie konnten nur die Pharaonen, die so großartiges vollbracht haben,
so dumm sein, um die Nachteile der „FGM” nicht zu ahnen?
87 Prozent der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren,
sind es laut Unicef, die in Ägypten beschnitten werden.
Ich schätze aber, dass 100 Prozent von denen dabei psychisch sterben.
Bitte lasst uns gemeinsam etwas dagegen machen -
Denn alle Frauen sollten endlich aus diesem Kulturtraum erwachen!