Stachelige Probleme
Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Mina Hillmanns, 12 Jahre
3.November
Liebes Tagebuch,
ich bin Ina Igel und bin 12 Jahre alt. Meine Eltern haben mich in ein Internat geschickt. Deshalb sitze ich gerade im Zug dorthin. Obwohl ich es überhaupt nicht wollte.
4.November
Heute bin ich endlich angekommen. Das Internat sieht gar nicht so schlimm aus. Doch ich habe Angst, dass die anderen mich nicht mögen. Morgen wird mein erster Unterrichtstag sein. Ich teile mir ein Zimmer mit Mina Maus. Sie ist sehr nett. Aber sie hält sich von mir fern. Ich hasse es, die „NEUE“ zu sein. Wegen meiner Stacheln mag mich doch ohnehin niemand.
6.November
Ich wurde herzlich von unserer Klassenlehrerin Frau Sumpfkrokodil empfangen. Als sie mich der Klasse vorgestellt hatte, gab es viel Getuschel. Frau Sumpfkrokodil hat die ganze Klasse ermahnt: „Jetzt lästert doch nicht! Seid nett und helft ihr. So Ina du kannst dich in die zweite Reihe an den leeren Tisch setzen.“ Als Frau Sumpfkrokodil den Unterricht begonnen hatte, habe ich immer noch die Blicke der anderen gespürt. Am Ende des Tages war ich froh, dass der Unterricht endlich vorbei war.
10.November
Ich habe mich langsam daran gewöhnt, dass alle über mich lästern. Aber es macht mich immer noch traurig.
Mina Maus ist immer noch nett, doch sie scheint mich meistens zu ignorieren. Wir haben schon zwei Arbeiten geschrieben und ich habe gut abgeschnitten.
6.Dezember
Wir sind heute in Sachunterricht draußen gewesen, da Nikolaus war. Alle Blätter waren schon von den Bäumen gefallen und lagen verstreut auf dem Boden. Sofort haben sich alle im Schulhof verteilt. Auch ich bin losgerannt, doch bin über einen Stein gestolpert und bin gegen Oskar das Eichhörnchen gerollt und habe ihn mit meinen spitzen Stacheln gepikst.
Suna Schaf, die alles gesehen hatte, hatte sich erschreckt und laut: „Mähhhh!“ gerufen und ist zur Lehrerin gerannt. Als ich mich aufgerappelt hatte, wollte ich Oskar hoch helfen. Doch als ich ihm die Hand geben wollte, ist er aufgesprungen und ängstlich zurückgewichen. Ich bin sofort hoch in mein Zimmer gerannt und habe bitterlich geweint. Ich hasse meine Stacheln. Am liebsten würde ich sie mir ausrupfen.
12.Dezember
Als ich am Morgen aufgestanden bin, war meine Vorfreude auf Weihnachten groß. Doch als ich mich daran erinnerte, dass ich es im Internat verbringen musste, war ich sehr enttäuscht. Dieses Mal kann ich nicht zu meiner Familie, da meine Eltern neue Jobs haben und viel arbeiten müssen. Ich bin runtergegangen, um zu frühstücken. Da sah ich Oskar und wollte mich wegen gestern nochmal entschuldigen. Aber er sah mich nur traurig an und ging weg, ohne ein Wort zu sagen.
17.Dezember
Ich habe gar keine Lust mehr auf Weihnachten. Zuhause bei meiner Familie und Freunden wäre ich viel glücklicher.
Da sehen alle aus wie ich. Nur die Stacheln haben leicht unterschiedliche Farben. Meine Eltern haben mir schon ein kleines Päckchen zugeschickt. Ich werde es aber erst an Weihnachten auspacken. In der Klasse wichteln wir. Heute habe ich ein Geschenk von Suna Schaf bekommen. Es war ein kuscheliges Wollknäul mit türkisenen Stricknadeln. Ich mag zwar Stricken nicht so aber ich habe mich drüber gefreut.
24.Dezember
Als ich heute Morgen aufgestanden bin, bin ich in die Klasse gelaufen. Alle haben schon auf ihren Plätzen gesessen. Nachdem ich mich gesetzt hatte, hatte es wieder Getuschel gegeben.
Frau Sumpfkrokodil hat gesagt: „Da heute Weihnachten ist, spielen wir jetzt nur.“ Wir haben zwei Runden „Die Reise nach Jerusalem“ und dreimal „Montagsmaler“ gespielt. Dann hat es zum Ende der Stunde geklingelt. Alle sind sofort nach draußen gerannt, da anschließend das Weihnachtsfest auf dem Schulhof um den Weihnachtsbaum stattfinden sollte. Auch ich bin langsam aus dem Klassenraum getrottet. Als ich nach vorne sah, traute ich meinen Augen nicht. Auf dem Schulhof hat meine ganze Klasse gestanden. Vor ihnen hat ein riesiges Geschenkpaket gestanden.
Es hatte eine große rote Schleife. Vorsichtig bin ich darauf zugegangen. Oskar der direkt hinter dem Geschenk gestanden hatte, sagte: „Das ist für dich.“ Ich habe mich gewundert, wieso sollte MIR jemand etwas schenken? Zögernd habe ich die Schleife abgezogen und den Deckel angehoben. In dem Paket oben auf waren diese Schaumstoffteilchen die zerbrechliche Sachen schützen:
Ich hatte das Paket von vorne bis hinten vorsichtig durchwühlt bis mir klar geworden war, dass das ein blöder Scherz sein musste, da nichts weiter in diesem Paket war! Verstört und traurig habe ich aufgeblickt.
Lächelnd ist Oskar einen Schritt auf mich zugegangen und hat eins der Schaumstoffteilchen genommen und mir zögernd auf einen Stachel gesteckt. Dann haben die anderen aus der Klasse das gleiche getan. Als ich sie verwundert angeschaut hatte, haben sie sich stürmisch auf mich gestürzt und mich umarmt, da meine Stacheln nun keine Gefahr mehr für sie waren.
Glücklich haben wir das restliche Weihnachtsfest gemeinsam verbracht. Alle haben die Geschenke ihrer Familie und Freunde ausgepackt und hatten Spaß. Auch ich. Endlich habe ich mich wie Zuhause gefühlt. Bei dem Päckchen von meiner Familie war ein Brief dabei:
*Liebe Ina,
wir vermissen dich sehr! Wir würden uns freuen, wenn du über die restlichen Ferien nach Hause kommst. In dem Brief liegt ein Zugticket bei. Damit du dich während der Fahrt nicht langweilst haben wir dir auch ein Buch geschickt. Frohe Weihnachten!
Deine Familie *
Das war das beste Weihnachten aller Zeiten. Erst hatte ich neue Freunde gefunden und dann durfte ich die Ferien Zuhause verbringen.
Autorin / Autor: Mina Hillmanns, 12 Jahre