Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Maleen Smidt & Johanna Bevc, 13 Jahre
Hallo! Mein Name ist Martha Schneider, und ich war damals gerade einmal 16 Jahre alt, als sich mein Leben und das vieler anderer Frauen verändern sollte. Es war ein gemütlicher Abend im Jahre 1910, als mein Vater wutentbrannt die Treppe hoch kam und mich mal wieder anschrie, ich hätte meine Arbeit nicht gemacht. Von diesem Moment an wusste ich, dass es so nicht weitergehen konnte und entschloss mich, etwas zu ändern. Es war nichts Neues mehr, dass es bei uns im Haus so herging, denn wir lebten zur Zeit der Frauenbenachteiligung, doch das wollte ich ändern. Ich habe es gehasst, morgens früh aufstehen, nur um Vater ein Frühstück zu machen. Ich durfte nicht einmal zur Schule gehen, so wie andere Kinder. Danach ging es dann auch schon zum Arbeiten auf den Acker, wo ich Stunde um Stunde saß und sehr hart arbeiten musste. Wenn ich fertig wurde, durfte ich ein Glas Wasser trinken, nicht mehr. Dann musste ich kochen, doch selbst durfte ich nur ein hartes Stück Brot essen und ein halbes Glas Wasser trinken.
Eines Tages kam dann Vater nach Hause und ich bemerkte, dass ich vollkommen vergessen hatte, das Haus aufzuräumen und zu putzen. Er kam rein und sah das Durcheinander. Er schrie mich an und schlug mich bis ich weinte. Es verletzte mich sehr, dass er sich so mir gegenüber verhielt. Doch ich wusste, dass er nur Mutter vermisste - wie ich - weil sie an Krebs gestorben war. Nun hatte ich niemanden mehr, der mich verstand. Ich fand es aber nicht okay, wie er mich behandelte, da ich darunter leiden musste. So verging die Zeit und ich begann zu überlegen, was ich tun könnte. Mehrere Wochen vergingen und mir fiel einfach nichts ein. Als ich mich Abends in mein „Bett“ legte, welches nur aus einem sehr dünnen Laken bestand, ging mir so vieles durch den Kopf, dass ich gar nicht schlafen konnte. Am nächsten Tag war ich sehr müde und verschlief den halben Morgen.
Plötzlich kam Vater rein. Als er mich sah, schrie er los und riss mich aus meinem Schlaf. Er packte mich am Arm und schrie, dass ich nutzlos sei. Er zog mich zur Tür und sagte: “Wenn du meine Freundlichkeit so ausnutzt, dann hast du sie nicht verdient!“ Und ab diesem Moment wusste ich, dass ich von nun an komplett auf mich allein gestellt war, wobei ich das ja eh schon gewohnt war. Lieber alleine auf der Straße, als bei so einem Verrückten zu wohnen, dachte ich mir. So lief ich die Straße hinunter - barfuß, ohne richtige Kleidung. Noch war es warm, doch die Mittagssonne stieg weiter. Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Außerdem war ich komplett ausgetrocknet, weil ich mehrere Stunden nichts mehr zu trinken oder zu essen gehabt hatte. Mir wurde schwarz vor Augen, als ich sah, wie weit die Stadt noch entfernt war. Ich entdeckte jedoch in der Nähe einen Wald. War dies ein Traum? Ich dachte ich sei tot?! Langsam näherte ich mich dem Wald.
Sofort spürte ich den deutlichen Temperaturunterschied. Es war nun erfrischend, da die Strahlen der Sonne nicht durch die dicken Kronen der Bäume gelangten. Ich sah einen kleinen Bach. Ich lief zügig zu ihm, doch als ich ankam, bemerkte ich schnell, dass er fast ausgetrocknet war. Wie konnte das passieren? Ich zuckte zusammen und öffnete meine Augen. Es war nur ein Traum. Ich lag auf der Straße. Ich versuchte langsam aufzustehen, doch etwas ließ mich aufschreien, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz spürte. Ich schaute runter und sah, dass meine Füße bluteten. Ich fing an zu weinen. Wie sollte ich es jemals alleine überleben? Ich sah einen kleinen Baum und entschloss mich zu ihm zu gehen, denn es war bereits Nacht geworden. Auf ein mal wurde es schrecklich kalt und es fing an zu regnen und zu stürmen. Ich fror ziemlich, da ich nicht mehr als ein Kleid aus einem Leinentuch trug.
Der nächste Morgen brach an und es fühlte sich komisch an, so ohne jeden Orientierungssinn in einer fremden Stadt zu sein. Stunden später erreichte ich endlich meine gesuchte Stadt, und ich merkte schnell, dass ich nicht das einzige Straßenmädchen war. Dann sah ich ein kleines Mädchen, das Wasser am Brunnen holte, sie sah sehr erschöpft aus, also fragte ich sie, ob ich ihr helfen könne. Sie schaute mich an, und ich sah in ihren Augen, dass sie Angst hatte, doch sie wollte mir nicht sagen, warum. Also folgte ich ihr unauffällig und musste mit ansehen, wie sie von einer Gruppe Jungen nieder gemacht wurde, nur weil sie ein Mädchen war. Ich wurde sehr wütend, ging zu ihnen und fragte sie, warum sie das machten. Sie meinten, es wurde ihnen so beigebracht, dass Mädchen sich ihnen unterordnen sollen und nur zur Arbeit da seien. Ich erzählte ihnen dann, wozu dies führen könne, und sie hörten mir erstaunlicherweise sehr aufmerksam zu. Sie entschuldigten sich bei dem Mädchen und halfen ihr sogar beim Wasser tragen. So zog ich mit gutem Gewissen weiter und half noch vielen anderen Mädchen und Frauen. Das machte mir selbst auch wieder Mut und gab mir Kraft. Es sprach sich erst in den Dörfern rum und dann in ganzen Städten, bis es sich sogar im ganzen Land rumgesprochen hatte. Meine Geschichte wurde überall herum erzählt, und die Leute begannen zu verstehen, dass Frauen die selben Rechte verdienen wie Männer. An meinem 17. Geburtstag wurde ich dann von einer netten Familie aufgenommen. Sie sagten mir immer wieder, wie stolz sie auf mich seien, und dass ich das beste in ihrem Leben sei. Heute sitze ich mit 80 Zuhause in meinem eigenen Haus mit meinem Mann, habe zwei wundervolle starke Töchter und muss mir keine Sorgen machen, dass mir noch einmal so etwas wie damals passiert. Mit dieser kleinen Geschichte möchte ich vielen Menschen zeigen, dass Frauen die selben Rechte und Werte haben wie Männer. Klar es wird immer noch Menschen geben, die dies nicht respektieren und Frauen trotzdem weiter benachteiligen werden, aber dann muss es jemanden geben, der den selben Mut hat, wie den, welchen ich damals hatte.
Wir sind alle gleich, egal ob Frau oder Mann, schwarz oder weiß! Wir sind alle perfekt so wie wir sind!