Mehrheit gegen Hass und Hetze

Studie ergab, dass die Mehrheit respektvollen und demokratischen Umgang wichtig findet, aber zu wenige dagegen einschreiten

Mädchen hält Daumen nach unten

Ob es ums Klima geht, um Feminismus, Rassismus oder das Erstarken rechtsradikaler Gruppierungen - viele Menschen in Deutschland sind an politischen Ereignissen interessiert und nutzen für das Kundtun ihrer Meinung nicht nur die Parlamente oder die Straße, sondern vor allem auch digitale Medien. Leider werden die Debatten dort immer häufiger wenig sachlich geführt und durch Hass und Hetze belastet. Was sagen die Menschen dazu? Diese Frage stellte 2019 die Forschungsgruppe „Digital Citizenship“ des Weizenbaum-Instituts für die vernetzte Gesellschaft in einer gerade veröffentlichten repräsentativen Umfrage. Und obwohl man in Online-Kommentarspalten großer Zeitungen oder in Sozialen Medien oft einen gänzlich anderen Eindruck bekommt, stellt sich eine breite Mehrheit der Menschen in Deutschland ganz klar hinter ein respektvolles und demokratisches Miteinander und für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien.

*Großes Interesse an politischen Themen*
„Die Befunde unserer repräsentativen Studie zeigen, dass mit 85 Prozent ein Großteil der Menschen in Deutschland Interesse an politischen Themen hat,“ so Nadja Schaetz, Doktorandin in der Forschungsgruppe. „Über die Hälfte der Befragten hat in den zwölf Monaten vor der Befragung Mitmenschen dazu ermutigt, sich politisch oder sozial zu engagieren. Besonders jüngere Menschen engagieren sich online, indem sie politische Inhalte teilen oder kommentieren." Die Studienergebnisse zeigten aber auch, dass der demokratische Diskurs in sozialen Medien geschützt werden müsse, denn die Mehrheit der Befragten hatte angegeben, dort schon Hasskommentaren begegnet zu sein.

Neben der politischen Teilhabe untersuchte die Studie auch, was die Menschen von einem demokratischen Miteinander erwarten. Eine überwältigende Zahl von 90 Prozent vertritt die Meinung, dass man die Meinungen anderer respektieren sollte. Aber ebenso finden 85 Prozent, dass es sehr wichtig sei, auf den Wahrheitsgehalt von Nachrichten zu achten. Auch die Wichtigkeit, Informationen aus seriösen Quellen zu beziehen, wird von 75 Prozent der Befragten betont.

*Hass und Hetze entgegentreten*
Befragt nach den Reaktionen auf Hass und Hetze in Diskussionen, antworteten immerhin auch 73 Prozent, dass sie es sehr wichtig finden, dem entgegenzutreten. Im Alltag zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Nur 33 Prozent der Menschen, die im Netz in Kontakt mit einem Hasskommentar gekommen sind, haben schon einmal einen Kommentar gemeldet. Und der Anteil der Menschen, der auf den Kommentar eingegangen ist und darauf hingewiesen hat, respektvoll zu bleiben, ist mit 27 Prozent noch geringer. Glücklicherweise ist die Gruppe derer, die den Hass direkt unterstützt, mit 3 Prozent noch geringer, wobei hier nicht gesagt wird, ob ein Like dazugehört oder nicht.

*Weitere Forschungsfragen*
Der Widerspruch zwischen den Ansichten über demokratische Werte und dem tatsächlichen Handeln, diese Werte in Diskussionen zu verteidigen, ist für den Leiter der Studie, Professor Martin Emmer, Anlass für weitere Forschungsfragen: „Wir werden am Weizenbaum-Institut im nächsten Schritt untersuchen, wie Bürger ihre Handlungsmöglichkeiten und Selbstwirksamkeit in der Auseinandersetzung mit Hasskriminalität und Desinformationen einschätzen. Dabei werden wir uns genau anschauen, welchen Einfluss sowohl die in den sozialen Netzwerken eingesetzten Algorithmen als auch die gesetzlichen Regulierungen auf die Verbreitung von Hasskommentaren und das Verhalten von Bürgern haben.“

Um die Beteiligung an politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen in Deutschland zu erfassen, hat das Weizenbaum-Institut in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Berlin im Herbst 2019 1.298 Bürger*innen ab 16 Jahren nach einem wissenschaftlichen Zufallsprinzip ausgewählt und telefonisch befragt. Um Entwicklungen im Zeitverlauf beobachten zu können, wird die Studie im Paneldesign künftig jährlich mit denselben Befragten wiederholt.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung