Dunkler Himmel
Einsendung von Rieke Fröhlich, 13 Jahre
Der Himmel verdunkelt sich. Kleine, summende und vibrierende Insekten schließen sich zu einer dunklen und beängstigenden Wolke zusammen. Wespen! Ich höre meine Mutter schreien, doch ich kann nicht reagieren, ich bin wie versteinert. Mein Körper kribbelt und brennt. Ich sehe, wie meine ganze Familie ins Haus rennt, weg von der Picknickdecke im Garten. Meine Mutter packt mich am Arm und zieht mich mit. Ich kann meine Beine nicht spüren, doch ich sehe, dass sie laufen. „Im Haus sind wir sicher“, höre ich meinen Vater rufen. Wir erreichen das Haus, der eigentlich kurze Weg kommt mir unendlich lang vor. Mein Vater schmeißt die Tür zu und sackt dahinter zu Boden. „Das war knapp“, flüstert er, als ob er Angst hat, die Wespen könnten was hören. Meine Mutter inspiziert alle Familienmitglieder und holt einen Kühlakku. Sie legt es auf meine Stirn. Das Summen existiert weiter in meinem Kopf, obwohl die Wespen nicht hereinkommen können. Ich fühle mich so, als ob eins dieser aggressiven Tiere in meinem Kopf wäre, ein Brummen breitet sich hinter meiner Stirn aus, Kopfschmerzen setzen ein. Im Haus ist es dunkel, die Wespen verdecken das Tageslicht und fliegen immer wieder gegen unsere bodentiefen Scheiben, gerade zu aggressiv. Die Wespen, die immer wieder versuchen in unser Haus zu gelangen, ändern nun ihren Plan. Ich kann mich immer noch nicht bewegen, der harte Boden unter mir fühlt sich kalt an. Die schwarz-gelben Biester suchen nun Löcher und Schlitze, um in unser Haus zu kommen. Meine Großeltern springen auf und versuchen mit Handtüchern und Decken die Löcher zu stopfen, durch die die Wespen in den Wohnraum gelangen.
Mein Opa schreit: „Die Viecher werden uns überleben, sie werden immer intelligenter!“ Plötzlich spüre ich ein starkes Stechen unterhalb des rechten Auges, ich fühle einen höllischen Schmerz. Sofort setzt eine Schwellung ein. Ich denke darüber nach, wie wir uns gegen die Insekten wehren können. Dabei hatte es die Zeitung, die neben mir lag, bereits vor zwei Tagen gewusst und davor gewarnt, dass das warme Wetter dafür gesorgt hatte, dass Wespen die andauernde Hitze nutzten, um ihre Nester groß und stark zu bauen und eben auch ihre Population zu vergrößern. Ich kann meine Hand nicht vor Augen sehen, merke aber, dass mein Auge sich nicht mehr öffnen lässt. Ich höre, wie mein Opa den Stecker in die Elektrodose einführt und sofort bemerke ich, wie draußen die Wespen zurückweichen. Ich klammere mich fest an meine Mutter. „Das war Rettung in letzter Minute“, höre ich meine Mutter leise in mein Ohr flüstern. „Ich hoffe, du bist nicht allergisch.“ Mittlerweile liegt sie neben mir auf dem Boden. Eine leere Stille erfüllt den Raum, es wird langsam heller und das summende Geräusch klingt ab. Ich schaue mir eine Wespe an, die tot neben mir auf dem Boden liegt, sie sieht eigentlich friedlich aus. Mein Vater und meine Großeltern lassen sich erschöpft auf die Couch fallen. Die Wespen ziehen weiter, weg von unserem Haus. Aus dem Fenster sehe ich die Sonne auf den klaren Himmel fallen.
Erleichterung. Langsam und leise öffnet mein Vater die Tür und wir folgen ihm angespannt. Um meinen Geburtstag zu retten, müssen wir die Himbeertorte und den Rest des Picknicks hereinholen. Der Duft der reifen Himbeeren meiner Geburtstorte erreicht meine Nase, ich blicke in den strahlendblauen Himmel nach draußen. Für ein paar Sekunden bin ich dankbar. Bevor der Himmel wieder schwarz wird.
Autorin / Autor: Rieke Fröhlich