Die Hilfe nach der de catastrofe

Einsendung von Victor Hofmann, 19 Jahre

Mees folgte seinem Eltern. Sie waren wieder auf den Weg nach Löningen Deutschland. Sie waren dort schon mal vor ein paar Jahren im Urlaub als sein Vater am „Laatste Muur“ Projekt mitarbeitete. Nun waren sie dort wieder. Dieses Projekt hätte die Niederlande und Nordwestdeutschland vor dem Anstieg des Meeresspiegels schützen sollen. Man hatte tiefe Gräben ausgegraben um möglichst viel Wasser aufzufangen, massive Dämme wurden im Land errichtet – was aber zu heftigen Protesten der Küstenbevölkerung führte und man errichtete sogar ganze künstliche Inseln um die Bevölkerung ganzer Gemeinden aufzunehmen. Man versuchte auch die Flüsse tiefer und breiter zu machen um somit möglichst besseren Schutz vor Sturmfluten zu haben, aber es stellte sich heraus dass man dazu sogar mehrere Grundstücke, die meisten davon sogar von Megacooperations, enteignen hätte müssen, was zu viel war. Schließlich waren diese ja die neuen Supermächte und niemand wollte die alte Tradition des Probleme Ignorierens ja verletzen. Mees schauderte bei diesen Gedanken. Für die Zukunft denken, um Probleme zu lösen. Brr.
Aber vielleicht hätte dies ja geholfen. Anderseits irgendjemand hätte dies auch verhindert. Und darüber zu denken, half jetzt nichts mehr, schließlich gab es schon die de catastrofe, den Zusammenbruch der Laatste Muur.

Noch vor drei Tagen stand die Laatste Muur. Bis Efrike kam. Efrike war ein Jahrtausendsturm. Wassermassen und Windböen noch nie gesehen trafen auf das Land, ganze Dörfer und deren verlassenen Ruinen wurden in Minuten vernichtet. Eine riesige Welle aus Wasser und Trümmern traf auf die Dämme und Deiche der Laatste Muur. Sie hielt nicht stand. An dutzenden, danach an hunderten Stellen wurde sie durchbrochen, nein zerbrochen. Die Gräben füllten sich mit Wasser und Trümmern. Leeuwarden war eine der ersten Städte, die komplett abgeschnitten und zerstört wurde. Lelystad bekam überhaupt keinen Befehl zur Evakuierung, weil man nicht an einen Nutzen mehr glaubte. Vielleicht war das der Grund, weshalb es überhaupt Überlebende gab. Die Region um Amsterdam hielt wegen besseren Dämmen länger aus, um vor laufender Kamera überflutet zu werden.
Mees Eltern und er konnten noch gerade aus ihren Dorf fliehen bevor das Wasser sie erreichte. Die Autobahnen waren schon vor Tagen verstaut als Menschen aufgerufen wurden in den vorbereiteten Insel Zuflucht zu suchen. Oder in den Gemeinden, um die man einen Damm herumgezogen hatte. Diese vermeindlichen Schutzzonen erwiesen sich als Todesfallen, wenn der Damm an einer Stelle brach. Auch im Landesinneren war man nicht vor dem Sturm und den Wassermaßen sicher, schließlich hatte sich in den Jahren genug Wasser angestaut, um fast das ganze Land zu fluten.

Die Szenen, an denen Mees und seine Familie vorbeikamen, waren apokalyptisch. Hunderte Autos und ganze Gemeinden befanden sich unter Wasser, ganze Wälder wurden entwurzelt, überall kam es entweder zu Plünderungen oder um Kämpfe für Plätze auf den Schiffen. Die Armee und die Polizei mussten häufig in die Menschenmengen schießen, um diese Kämpfe und Plünderungen zu beenden. Riesige Kolonnen von Flüchtlingen wateten durch überflutete Landstriche, ausgedörrt durch die heißen Sommer unfähig Wasser aufzunehmen. Schließlich musste auch seine Familie ihr Auto aufgeben nachdem es mit kaum Benzin in einem festgefahren Stau landete. Gedrängt durch die zwar langsamer ansteigenden Wassermassen, aber stetig steigend, kam seine Familie zur deutschen Grenze nahe der deutschen Stadt Laar. Auch das Land wurde höher, wie die Stimmung ihrer Kolonne. Meess Vater plante, in Deutschland seine Familie als Klimaflüchtlinge zu melden, schließlich waren die Niederlande als auch Deutschland Mitglieder der EU und als EU-Bürger konnten sie in jedes Mitgliedsland reisen. Doch die Grenze wurde blockiert. Polizeiautos und LKWs versperrten die Brücke über den Fluss zur Grenze. Private Autos bildeten zusätzlich weitere Sperren auf beiden Seiten.
Ein Regierungsvertreter der Deutschen Regierung rief per Lautsprecher „Bleiben Sie diesseits ihrer Grenze. Wir können keine weitere Flüchtlinge aufnehmen. Denken Sie an die Menschen in Norddeutschland, auch Sie wurden durch Efrike aus ihren Gemeinden vertrieben. Die Niederländische Regierung ist immer noch in der Lage, sich um euch zu kümmern. Berlin wird Hilfe senden, aber bleiben Sie weiter in ihrem Land wir haben kein Platz für Sie!“

Seine Behauptungen wurden durch Rufe der Deutschen untermauert. Hunderte, zum Teil mit Gewehren bewaffneten und ausgestattet mit Fahnen und Kleidungen passend zu ihrer politischen Ausrichtung, riefen rassistische Parolen oder Gesänge. Zuerst blieb die Lage auch ruhig, aber auf beiden Seiten kamen immer mehr Leute und auch das Wasser kam näher. Immer mehr Menschen versuchten sich an der Blockade vorbei zu schleichen, um gewaltsam wieder zurück geworfen zu werden. Eine Kolonne näherte sich friedlich der Blockade und die Grenzwächter, egal ob staatlich oder freiwillig machten sich kampfbereit. Die Situation wurde immer bedrohlicher bis.
Peng!
Ein Knall schallte durch die Luft. Panik brach aus. Menschenmassen rannten in fast alle Richtungen, Schüsse wurden abgegeben und schließlich entleerte sich der Zorn auf beiden Seiten. Menschen schlugen sich gegenseitig, Autos krachten mit voller Geschwindigkeit in Menschenmassen, alles Mögliche wurde zu einer Waffe und die Todeszahl stieg rasant an. Mit der Zeit obsiegte eine Seite. Doch zu welchen Preis?
Hunderte wurden während den Kämpfen getötet oder verwundet. Gab es zuvor noch eine Chance auf Hilfe, wurde diese durch die Bereitschaft Gewalt zum Schutz der Heimat einzusetzen ersetzt. Die folgenden Monate brachten nur eine mehr militarisierte Grenze. Auch für die Niederlande, nun beraubt um Nieder, brach eine schwere Zeit hinein. Man konnte das Land nicht mehr wiederaufbauen und nacheinander schlossen die Nachbarländer ihre Grenzen um die Flüchtlingsströme zu stoppen. 

Und Mees? Vielleicht wurde er übertrampelt oder erschossen? Das bleibt dem Leser überlassen.

Autorin / Autor: Victor Hofmann