Auf dem Boden der Gesetze
Nadja macht eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten
Nadja hat schon viele Wege hinter sich gebracht. Manche waren sehr lang wie der von Kasachstan nach Deutschland, den sie zurücklegte, als sie zehn Jahre alt war. Andere waren beschwerlich wie der, hier eine neue Sprache zu erlernen.
Da fallen die täglich 50 Kilometer Anfahrtsweg zu ihrer Arbeit womöglich gar nicht so ins Gewicht? „Ach, das mache ich sehr gerne, denn schließlich war es gar nicht so leicht, einen Ausbildungsplatz zu bekommen“ sagt die 19-jährige aus Reichshof. Jeden Morgen steht sie um 5 Uhr auf, frühstückt und fährt bis nach Bergisch Gladbach, wo sie eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte macht.
Fristen und Diktiergeräte
Winter Jansen Lamsfuß heißen ihre Arbeitgeber, die Kanzleien in Bergisch Gladbach, Köln, Overath und Berlin leiten und sich von Arbeitsrecht bis Zwangsversteigerungsrecht auf einige Rechtsbereiche spezialisiert haben.
Im dritten Lehrjahr darf Nadja schon etwas mehr als am Anfang ihrer Ausbildung und arbeitet den Anwälten mittlerweile selbständig zu. Sie hält so genannte Fristen im Blick, damit rechtzeitig Schreiben an Gerichte oder Mandanten gehen. Aus großen metallenen Schränken zieht die schmale elegant gekleidete 19-jährige die jeweiligen Akten heraus, um sie dem zuständigen Rechtsanwalt vorzulegen. „Häufig sitze ich aber auch in meinem Büro, das ich mir mit einer Kollegin teile, und tippe Bänder vom Diktiergerät ab.“
Zehn Finger und die deutsche Sprache
Vollkommen in ihre Arbeit versunken und mit aufrechter Haltung gleiten Nadjas Finger über die Tastatur ihres Computers. „Das 10-Finger-System lernen wir in der Berufsschule in Köln-Bilderstöckchen. Erst wollte ich das nie lernen und habe immer zu meiner Patentante gesagt‚ das brauche ich nicht’, aber nun hilft es enorm. Ich kann einfach mehr schaffen, weil ich schneller tippen kann.“ Ein bisschen ist es auch so mit der Sprache, verrät Nadja. „Wer gut Deutsch kann, ist einfach klar im Vorteil.
Muttersprache nicht vergessen
Ihre Russischkenntnisse, die Nadja weiterhin zuhause im Gespräch mit ihren Eltern, mit einer alten Brieffreundschaft oder durch das Lesen russischer Bücher pflegt, kann sie in ihre Ausbildung leider nicht einbringen. Aber dass sie Deutsch gut verstehen und schreiben kann, ist gerade für die *tägliche Korrespondenz* zwischen Anwalt, Mandanten und dem Gericht wichtig.
Als ich zehn war, sind wir nach Deutschland gekommen, meine Großeltern waren schon zwei Jahre vorher hier und wollten, dass wir nachkommen“ erzählt Nadja. Die fünf Geschwister, einschließlich Nadja und ihrer Zwillingsschwester, mussten aber schon vorher Deutsch büffeln, weil ihre Mutter wollte, dass ihre Kinder von Anfang an gut klar kommen. „Wir haben viel Lesen geübt, Vokabeln gelernt, aber auch deutsches Fernsehen geguckt. Vorher durften wir nicht nach draußen spielen gehen.“
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Autorin / Autor: Wiebke Nieland von cafeterra - Stand: 21. Februar 2006