Interview: Filmproduzentin

*Vesna Jovanoska* ist Filmproduzentin.
Die Liebe zum Film und die Suche nach einem abwechslungsreichen Job haben sie zum Filmstudium bewogen. Mit Energie und Begeisterung hat sie nach Erfahrungen in diversen Sendern und Produktionsfirmen eine eigene Produktionsfirma, die ena Film GmbH, gegründet.

*Was bist du von Beruf?*
Filmproduzentin

*Wann und wie geht es morgens bei dir los?*
Um neun geht es los mit einer Besprechung mit allen Mitarbeitern. Hier werden alle wichtigen Aufgaben für den Tag besprochen. Dann führe ich Telefonate mit Autoren, Regisseuren, Agenten, Investoren. Diverse Meetings mit Kollegen und Partnern aus der Filmbranche stehen täglich auf dem Programm.

*Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir weiterhin aus?*
Das schöne an meiner Arbeit ist, dass es nicht wirklich typische Arbeitstage gibt. Wenn wir einen Film drehen, sieht meine Arbeit etwas anders aus als oben beschrieben. Zusätzlich beschäftige ich mich unmittelbar vor Drehbeginn ca. 8 Wochen lang mit der sogenannten Vorproduktion. In dieser Phase gibt es unendlich viele Meetings mit kreativen und technischen Mitarbeitern.

*Wenn du auf das Arbeitsleben zurückschaust: Was war dein schönstes Erlebnis?*
Es gibt und gab zu viele! Es ist immer wieder schön und spannend zugleich ein Projekt von der Idee bis zur tatsächlichen Vorführung im Kino zu begleiten. Jedes mal ein kleines Wunder!

*Welche deiner alltäglichen beruflichen Tätigkeiten macht dir weniger Spaß?*
Schlechte Drehbücher lese ich sehr ungern. Passiert leider häufig.

*Als du angefangen hast zu arbeiten: Was war deine größte Befürchtung?*
Dass ich meine Prinzipien vergesse. Mir ist es wichtig, die Dinge tun zu können, die ich für richtig halte, auch wenn sie manchmal schwierig
durchzusetzen sind.

*Spielt Geld für dich eine Rolle? Oder ist dir der Spaß an der Sache wichtiger?*
Geld und Spaß lassen sich sehr gut verbinden. Zwar bin ich auch privat ein leidenschaftlicher Filmfan, aber als Unternehmerin trage ich die
Verantwortung für das gesunde Wachstum meiner Firma und für meine
Mitarbeiter. Unsere Arbeit macht viel Spaß und bringt auch Geld ein, beides gefällt mir außerordentlich gut.

*Was wolltest du mit 16 Jahren werden?*
Sportlerin.

*Falls du den Beruf heute nicht ausübst, warum hast du den Wunsch fallengelassen?*
Mir wurde klar, dass ich als Sportlerin Nr. 1 sein muss, um zu überleben. Und wer kann das schon vorher wissen. Außerdem fehlte mir beim Sport die geistige Beschäftigung mit Kunst und Kreativität im weitesten Sinne.

*Welche Situationen oder Menschen in deinem Leben haben dir bei deiner Berufswahl geholfen?*
Meine Begeisterung für Film und die Möglichkeit, einen derart abwechslungsreichen Job zu haben, den man woanders so nicht findet.


*Hast du Kinder? Möchtest du welche? Und hast du dir schon mal überlegt, wie du Beruf und Kinder unter einen Hut bringen kannst?*
Mein Sohn ist fünfzehn Jahre alt und hat absolute Priorität vor meiner
Arbeit. Ich habe vierzehn Tage nach seiner Geburt wieder gearbeitet und das mit großer Freude. Mein Junge war immer dabei, und das hat mich in die Lage versetzt, sowohl als Mutter als auch als berufstätige Frau zufrieden zu sein.

*Was meinst du: Inwiefern hast du es als Frau im Berufsalltag schwerer als deine männlichen Kollegen?*
Fakt ist, dass viel mehr Männer in Top-Positionen vertreten sind als Frauen. Mich nervt, dass viele mit Kommentaren kommen, wie: "Du als Frau hast es ja ganz schon weit gebracht". Ich möchte nicht, dass Frauen als Randgruppe betrachtet werden, von der es ab und zu mal eine "schafft". Zum Thema Gleichberechtigung nur soviel: Wenn wir eines Tages genauso viele unfähige Frauen in Top-Positionen haben wie unfähige Männer, dann haben wir sie erreicht.

*Welche Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten brauchst du zur Ausübung deines Berufes?*
Lebenserfahrung, Geschmack, Geduld, festen Glauben an das, was ich erreichen will.

*Wie und wo hast du diese gelernt?*
Beste Schule, wo gibt: das Leben.

*Was war deine Ausbildung?*
Filmhochschule, Tätigkeit bei verschiedenen Sendern und Produktionsfirmen.

*Welche Hobbys hattest du mit 16 Jahren?*
Für Jungs schwärmen, Musik, Kunst und Sport.

*Was tust du heute am liebsten in deiner Freizeit?*
Reisen, essen (vegetarisch), schlafen, lesen, schreiben, Kino, Musik, Denken, Sprachen, spielen, arbeiten.

*Welche Tipps zur Berufswahl möchtest du den Lizzys mit auf den Weg geben?*
Du solltest genau wissen, was dein Beruf für dich bedeutet. Kümmere dich nicht darum, was er für andere bedeutet. Denk daran, dass du diesen Beruf mehrere Jahrzehnte ausüben wirst. Und nur wenn du sicher bist, dass du ihn am letzten Tag genau so ehrlich und begeistert machst wie am ersten Tag, nur dann solltest du diesen Beruf auswählen.

*Gibt es außerdem noch etwas, was du zum Thema "Berufswahl" loswerden willst?*
Ein Beruf sollte im Idealfall eine Berufung sein. Du solltest die Möglichkeit haben, als Person darin zu wachsen und anderen zum Wachstum zu verhelfen. Eine zufriedene Krankenschwester ist tausendmal besser dran als eine Managerin, die ihren Beruf nicht mag.

Autorin / Autor: ~at~ - Stand: 25. Juli 2001