Was macht eine Psychiaterin/ Nervenärztin?
Man muss nicht "verrückt" sein, um sich von einer Psychiaterin behandeln zu lassen...
In der Öffentlichkeit herrscht noch immer ein recht diffuses Bild über die Berufstätigkeit einer Psychiaterin oder Nervenärztin. Eine Psychiaterin ist eine Ärztin, die sich auf die Behandlung psychischer Krankheiten spezialisiert hat. Da die meisten Leute über psychische Krankheiten weniger wissen als über körperliche, gibt es viele Unsicherheiten und Vorurteile. So denken manche, daß man "verrückt" sein muß, wenn man von einer Psychiaterin behandelt wird. Dabei unterscheidet sich der Besuch bei einer Psychiaterin nur unwesentlich von jedem anderen Arztbesuch. Außerdem sind seelische Krankheiten (wie z. B. Depression) sehr häufig; die meisten sind gut behandelbar.
Wie wird man Psychiaterin?
Zunächst studiert man Medizin. Am Ende des Studiums kann man wählen, in welchem Wahlfach man das "Praktische Jahr" absolviert; wenn man sich für das Fach Psychiatrie interessiert, kann man z.B. 3 Monate auf einer psychiatrischen Station unter der Anleitung von erfahreneren Assistenzärztinnen oder -ärzten mitarbeiten. Dann kommt die Weiterbildung zur Fachärztin: für das Fach Psychiatrie muß man 4 Jahre in diesem Fach arbeiten und noch ein Jahr in einer neurologischen Klinik oder Praxis. Danach absolviert man eine Prüfung, die Facharztprüfung und ist Psychiaterin.
Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, diesen Beruf zu ergreifen?
Das hat sich im Laufe des Studiums und der Praktika so ergeben. Während des Medizinstudiums lernt man alle Fächer kennen, und die Kurse und Vorlesungen über Neurologie und Psychiatrie haben mir meistens am besten gefallen. Dann habe ich mehrere Famulaturen (d.h. vierwöchige Praktika) in neurologischen Einrichtungen, Praxis und Klinik, gemacht, was meine Entscheidung für dieses Fach noch gestärkt hat.
*Wie reagieren die Leute darauf, wenn du ihnen erzählst, was du von Beruf bist? Kommt da schon mal ein komischer Kommentar?*
Nein, komische Kommentare höre ich eigentlich nicht. Manche Leute sind ein bisschen erstaunt - vielleicht weil sie sich eine Nervenärztin anders vorgestellt haben.
*Was ist unterscheidet eigentlich eine Psychiaterin von einer Psychologin?*
Eine Psychiaterin hat Medizin studiert, eine Psychologin Psychologie. Beide bieten z. B. Psychotherapie an, Psychiaterinnen können auch Medikamente verschreiben.
*Wie sieht denn ein typischer Arbeits-Alltag einer Psychiaterin aus?*
Das kommt darauf an, ob man in einer Klinik oder in einer Praxis arbeitet. In der Klinik nimmt man neue Patientinnen und Patienten auf die Station auf, untersucht sie, nimmt Blut ab und führt regelmäßige Gespräche. Außerdem verordnet man Medikamente, falls nötig. Es gibt regelmäßige Visiten, auch Oberarzt- und Chefvisiten, außerdem Besprechungen mit den Kollegen und dem Stationsteam. Auf den Stationen finden Gruppenpsychotherapien oder andere Gruppenangebote statt, die u.a. von der Stationsärztin geleitet werden. Dann muss man planen, welche Patientinnen entlassen werden können, die Entlassung vorbereiten und Entlassungsbriefe schreiben. Auch die Nachtdienste gehören zum Arbeitsalltag.
*Hast du manchmal komische Situationen erlebt, in denen du Angst hattest oder dich unwohl fühltest? Was hast du dann gemacht?*
Manchmal passiert es, dass akut kranke Patienten gereizt oder aggressiv reagieren, oder dass sich Situationen aufschaukeln. Mit der Zeit lernt man, trotzdem ruhig zu bleiben und sicher aufzutreten. Außerdem kann man andere Kolleginnen und Kollegen um Rat oder Hilfe bitten, wenn man mal nicht weiter weiß. Auf der Station hat man das Team, was aus (meistens) erfahrenen Pflegekräften und Kollegen besteht, da hat man die Möglichkeit, nach bedrohlichen oder unangenehmen Situationen durch Nachbesprechungen aus Fehlern zu lernen oder sich gegenseitig zu unterstützen.
*Was magst du besonders gerne an deinem Beruf?*
Dass man viele unterschiedliche Menschen kennenlernt. Dass man lernt, auch ungewöhnliche Situationen zu meistern. Und natürlich ist es schön zu sehen, wie es vielen Leuten nach einer Behandlung wieder besser geht.
*Was nervt dich eher?*
Die Nachtdienste sind manchmal anstrengend. Außerdem gibt es immer mehr Aufgaben, die gar nicht unmittelbar mit dem Patienten zu tun haben (z.B. dokumentieren, Anfragen der Krankenkassen beantworten).
*Welchen Tipp kannst du Mädchen geben, die gerne Psychiaterin werden wollen? Gibt es bestimmte Vorassetzungen, die man mitbringen sollte?*
Man sollte neugierig und offen sein und sich für andere Menschen interessieren. Alles andere wird sich mit der Zeit ergeben. Wenn man möchte, kann man schon zu Beginn des Medizinstudiums auf einer psychiatrischen Station hospitieren, um zu sehen, ob die Arbeit einem gefällt.
*Für wen ist der Beruf definitiv nicht zu empfehlen? Gibt es eine Alternative?*
Schwierige Frage. Ich glaube, der Weg bis zur "fertigen" Psychiaterin ist so lang, dass man rechtzeitig merkt, was einem keinen Spaß mehr macht. Dann gibt es eigentlich zu jedem Zeitpunkt Alternativen.
*Und zum Schluss: was machst du in deiner Freizeit?*
Ich mache gern alles mögliche an Sport. Fußball- und Basketballspielen, Karate, Fahrradfahren, laufen. Früher bin ich viel Skateboard gefahren. Am liebsten bin ich viel draußen. Im Winter fahre ich Snowboard.
Autorin / Autor: Rosi Stolz / Katrin Craney - Stand: 1. Juli 2008