Braves Mädchen, böser Bub?
Sorgen Vorurteile für schlechtere Leistungen von Jungs?
Wenn Mädchen in vielen Ländern bessere Schulnoten vorweisen können als Jungen, dann muss es ja irgendeinen Grund dafür geben. Viele ForscherInnen haben sich schon mit dem Phänomen beschäftigt und sich die Hirne zermartert, wie es bloß kommt, dass die Mädchen die Jungs immer stärker abhängen.
*Self-fulfilling prophecy?*
Eine aktuelle Studie der University of Kent will einen neuen (alten) Grund für das schlechtere Abschneiden von Jungs gefunden haben: schuld sind der Studie zufolge vom (weiblichen) Lehrpersonal ausgehende Geschlechterstereotype, die die Selbsteinschätzung von Jungs verschlechtern. Weil Grundschullehrer - oder besser gesagt Lehrerinnen - Jungen weniger zutrauen und von ihnen von vorneherein schlechtere Leistungen erwarten, halten diese sich auch selbst für schlechter und schneiden - nach dem Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung - dementsprechend ab.
Studienleiterin Bonny Hartley von der University of Kent und ihr Team befragten 238 Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren. Einmal sollten die Kinder Bilder von Mädchen oder Jungen bestimmten Eigenschaften Phrasen zuordnen (z.B. "Dieses Kind ist besonders schlau") oder bewerten, welches der gezeigten Kinder wohl am schlausten sei.
*Ab acht Jahren sind sich alle einig: Mädchen sind schlauer*
Unabhängig von ihrem Alter, schrieben die Mädchen die positiven Eigenschaften stets Mädchen zu und meinten, dass Mädchen grundsätzlich schlauer und konzentrierter seien. Die befragten Jungen zwischen 4 und 7 waren sich da nicht so ganz einig, ab 7 oder 8 Jahren aber teilten sie die Ansicht der Mädchen und gaben zu, dass Mädchen wahrscheinlich schlauer und erfolgreicher sind.
In einem weiteren Experiment wurden 140 Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt, wo sie Tests in Mathe, Lesen und Schreiben absolvieren sollten. Einer Gruppe wurde gesagt, dass Mädchen meist besser abschneiden. Der zweiten Gruppe wurde dies nicht gesagt. Die Jungen in der ersten Gruppe schnitten schließlich deutlich schlechter ab als die Jungen der zweiten gruppe.
Die Forscherin schließt aus den Ergebnissen, dass Erwachsene das Stereotyp vom erfolgreichen und schlauen Mädchen und vom wilden, unkonzentrierten Jungen verstärken und dass die Jungs dieses Bild übernehmen und so in ihren Leistungen gehemmt werden.
Jungs halten sich für die besseren Rechner
Zumindest in Bezug auf das Fach Mathe dürfte das allerdings nicht ungedingt stimmen. Eine aktuelle Studie der Stiftung Rechnen etwa will gerade herausgefunden haben, dass Jungs sich für die besseren Rechner halten und ihre Kompetenzen in diesem Fach als deutlich höher einschätzen als die der Mädchen, auch wenn die tatsächlichen Leistungen eine solche Sicht gar nicht rechtfertigen: „Die Unterschiede haben weniger mit Begabung als mit Vorurteilen und Rollenbildern zu tun“, erläutert Johannes Friedemann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Stiftung Rechnen.
Auch andere Untersuchungen haben gezeigt, dass Unterschiede in den Matheleistungen vor allem darauf beruhen, das Mädchen sich weniger zutrauen.
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 3. September 2010