Billig zieht an
Konsumstudie: Anspruch unterliegt Geiz
Grillwürstchen und Softdrinks von Aldi, Netto, Lidl & Co., Klamotten von KiK. Einkaufen im Discounter gehört für viele zum Alltag. Seit aber immer mehr Schreckensmeldungen über Niedrigstlöhne, fragwürdige Arbeits- und Kündigungsmethoden sowie unzumutbare Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern bekannt werden, bekommen Billigläden zunehmend Schwierigkeiten und die VerbraucherInnen Gewissensbisse. Doch was folgt daraus? Das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln hat sich jetzt das Verbraucherverhalten in einer Studie näher angeschaut und festgestellt, dass unser Anspruch nach sozial und ökologisch unbedenklichen Konsumgütern und unser tatsächliches Kaufverhalten weit auseinander klaffen. Mehr als drei Viertel aller VerbraucherInnen möchten zwar am liebsten Waren kaufen, die umwelt- und sozialverträglich und ohne Kinderarbeit hergestellt werden, doch die aktuellen Marktzahlen des IFH belegen: gekauft wird weiterhin im Billigladen.
Insgesamt hatten 23,9 Prozent aller befragten VerbraucherInnen angegeben, dass sie soziale und Umwelt-Aspekte für wichtig halten, 54,5 Prozent erachteten sie sogar für sehr wichtig. Aus weiteren Studien ging hervor, dass die Mehrzahl der Kunden auf Schadstoffe in Textilien oder auf fair gehandelte Produkte achtet und sogar bereit ist, für "nachhaltige und bessere" Waren auch höhere Preise zu zahlen. "Im Grunde möchte der Kunde ein reines Gewissen beim Kauf haben, aber im Ergebnis entscheidet er sich für den günstigeren Preis", so Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH, einem auf den Handel spezialisierten Beratungsunternehmen.
Weniger Geld für Klamotten
Seit dem Jahr 2000 geben die Deutschen immer weniger für Bekleidung und Schuhe aus. Der Trend in Deutschland sei eindeutig, betont Branchenexperte Hedde. Während es auf der einen Seite immer weniger qualitätsorientierte Fachhandelsgeschäfte gibt, entstehen immer mehr Textildiscounter, die auch zunehmend im Sperrfeuer der öffentlichen Kritik stehen. Der Teil des Bekleidungsmarktes, der fast ausschließlich über den günstigen Preis verkauft, habe, so das IFH, seinen Marktanteil seit 2002 verdoppelt und mache mittlerweile mehr als 12 Prozent des Marktvolumens aus.
"Viele Verbraucher mit geringen Einkommen haben kaum die Wahl, ob sie bei Textildiscountern kaufen oder nicht. Doch der Erfolg bei den Discountformaten hat sich über viele Jahre entwickelt, wobei das Wachstum nicht nur durch die Zielgruppe der niedrigen Einkommensschichten beschleunigt wurde", sagt IFH-Geschäftsführer Boris Hedde. "Zwischen den lautstarken Forderungen der Mehrheit der Verbraucher an den Handel und den realen Kaufentscheidungen liegen Welten."
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 10. August 2010