Ablenkung macht aufmerksam
Studie: Das Gehirn braucht Abwechslung
Bombadiert euch euer kleiner Bruder mit Wattekügelchen, während ihr über einem Referat brütet? Macht nichts! Denn kleine Ablenkungen erhöhen die Aufmerksamkeit, wie ForscherInnen der University of Illinois herausgefunden haben. Jahrzehntelang war man davon ausgegangen, dass Aufmerksamkeit eine begrenzte Ressource ist, die im Laufe einer eintönigen Aufgabe immer mehr abnimmt, bis sie erschöpft ist.
Der Psychologieprofessor Alejandro Lleras und sein Kollege Atsunori Ariga glauben, dass diese Annahme falsch ist. Schließlich ist die Aufmerksamkeit ja nicht vollständig verschwunden, sondern widmet sich nur anderen, interessanteren Dingen. Lleras glaubt, dass es sich mit der Aufmerksamkeit ähnlich verhält wie mit der Wahrnehmung: Wir spüren nicht mehr, dass die Kleidung ständig unsere Haut berührt oder nehmen ein ständig präsentes, statisches Objekt nicht mehr wahr, weil das Gehirn ständige Reize als unwichtig einstuft. Mit der Aufmerksamkeit verhält es sich nach Ansicht Lleras' genauso: die ständige Fokussierung auf einen Gedanken oder eine Aufgabe, sorgt dafür, dass sie aus unseren Gedanken verschwindet.
Die Wissenschaftler überprüften ihre Annahme in einem Test mit 84 TeilnehmerInnen. Sie wurden in vier Gruppen aufgeteilt: Eine Kontroll-Gruppe musste eine öde einstündige Conmputerarbeit verrichten und hatte dabei weder eine Pause noch eine Ablenkung. Die zweite Gruppe sollte vor der langweiligen Aufgabe am Computer Zahlen auswendig lernen, die aber im Verlauf der Aufgabe nicht auftauchten. Die dritte Gruppe lernte ebenfalls die Zahlen auswendig und sollte per Tastendruck reagieren, wenn sie sie im Verlauf der Aufgabe zu sehen bekamen (2 mal). Die letzte Gruppe lernte die Zahlen, wurde aber angewiesen, sie bei Auftauchen nicht zu beachten.
Wie zu erwarten war, zeigte sich bei den TeilnehmerInnen nach einer gewissen Zeit Ermüdungserscheinungen - die Aufmerksamkeit nahm rapide ab. Bei der Gruppe allerdings, die angewiesen worden war, auf die bekannten Zahlen Acht zu geben, blieb die Aufmerksamkeit bis zum Ende konstant hoch. Für das Forscher-Duo untermauern die Ergebnisse der Studie die These, dass das Gehirn dazu gemacht ist, Wechsel zu erkennen und darauf zu reagieren. Er empfiehlt darum bei Aufgaben, bei denen eine längerwährende Konzentration gefragt ist, Pausen einzulegen und den Fokus ab und zu mal auf etwas anderes zu richten. Genau das hilft nämlich, die eigentliche Aufgabe wieder mit erhöhter Aufmerksamkeit anzugehen.
Stand: 10. Februar 2011