Jeder kennt das Klischee von der divenhaften Sängerin, dem eingebildeten Dichter, der arroganten Künstlerin oder vom egozentrischen Regisseur, der sich nur ungern mit dem niederen Volk abgibt. Und bestimmt habt auch ihr in eurem Freundeskreis Menschen mit besonders kreativer Begabung, die aber durch extreme Ich-Bezogenheit unangenehm auffallen.

Tatsächlich scheint es einen Zusammenhang zwischen hoher Kreativität und einem - vorsichtig ausgedrückt - Mangel an Bescheidenheit zu geben. Das wollen ForscherInnen verschiedener amerikanischer Universitäten um den Psychologen Paul Silvia in einer gemeinsamen Studie herausgefunden haben, die verschiedene Persönlichkeitszüge von rund 1300 Erwachsenen erfasst und verglichen hatten. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Kreativität und (mangelnder) Bescheidenheit/ Aufrichtigkeit. Wer einen höheren Kreativitäts-Score aufwies, wies in Sachen Bescheidenheit und Aufrichtigkeit eher einen niedrigeren Wert auf.

Die Forscher betonten allerdings, dass der beobachtete Zusammenhang nicht so stark gewesen sei, dass man nun alle Kreativen als arrogant und maßlos abstempeln könne. Und natürlich ist ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein für eineN angehenden KünstlerIn auch wichtig. Wer sich für ein kreatives Fach entscheidet, muss schon wenigstens selbst davon überzeugt sein, etwas Besonderes zu sein und leisten zu können.

Während die Studie eher die weniger wünschenswerten Seiten von Kreativität offen gelegt hat, gibt es aber auch andere Qualitäten, die mit Kreativität in Zusammenhang stehen, wie Paul Silvia betonte. Neugier und Offenheit etwa sind Eigenschaften, die unter kreativen Menschen besonders ausgeprägt sind. Wie bei allen Qualitäten sei es immer ein Balanecakt. Es gebe eben nur wenige Felder, wo man allein aus seiner eigenen Person heraus erfolgreich sein könne. Auch ein Künstler sei darauf angewiesen, dass Mitarbeiter und Mentoren gerne mit ihm/ihr arbeiten und nicht schaarenweise davonlaufen. Darum glaubt Silvia, dass eine der wertvollsten Eigenschaften von Kreativen sein könnte, immer zu wissen, wann man nicht locker lassen soll und wann man besser auf die Stimmen von Kritikern hört.