Bird Girl - Wie mein Glück fliegen lernte

Autorin: Sandy Stark-McGinnis
Aus dem Englischen von Catrin Frischer
Mit Illustrationen von Maria Over

In dem Buch „Bird Girl – Wie mein Glück fliegen lernte“ von Sandy Stark-McGinnis geht es um ein 11- (später 12-)jähriges Mädchen namens Dezember, das als Pflegekind nach dem Wechsel mehrerer Pflegefamilien schließlich bei einer Pflegemutter namens Eleanor landet. Anfangs noch davon überzeugt, dass sie auch hier nicht lange bleiben werde, da sie als Vogelmädchen (siehe unten) bald davonfliegen werde, fasst sie langsam Vertrauen und lernt, wieder Nähe zuzulassen.

Dezember besitzt eine Narbe auf ihrem Rücken, die sie mit Flügeln assoziiert, welche sich nach ihren Vorstellungen durch diese hindurch entfalten werden. Sie redet sich ein, sie sei ein Vogel(mädchen) und hält an dieser Hoffnung fest, sodass sie auch ihr Leben und Handeln daran anpasst (Sonnenblumenkerne essen, von Bäumen springen, um den Flügeln beim Entfalten zu helfen, einen Wurm probieren, Angst als besonderes Exemplar ausgestopft zu werden usw.).
Im weiteren Verlauf der Geschichte stellt sich immer mehr heraus, dass diese Illusionen Dezembers Art sind, mit den damaligen traumatischen Erlebnissen rund um ihre leibliche Mutter umzugehen, und dass sie viel Angst vor dem Verlassenwerden hegt. Letzteres sieht sie durch die wechselnden Pflegefamilien bestätigt – bis sie eines Tages bei Eleanor einzieht, welche selbst unter anderem in einer Tierrettungsstation tätig ist und selbst viel über verschiedene Vögel weiß.

Meine Meinung

Das Buch hat mir persönlich sehr gut gefallen. Es ist ein ganz zauberhaftes Buch, das viel Tiefgang beinhaltet – man lernt nicht nur so einiges an Fakten über verschiedene Vogelarten hinzu, auch bekommt man Einsichten in den (inneren) Prozess, den Dezember durchläuft: das vorsichtige Fassen von Vertrauen, stark hindurchbrechende Ängste, die sich teilweise an einzelnen Aussagen festmachen, kleinere Rückschritte und das Sich-Beschäftigen mit der eigenen Lebensgeschichte und Ereignissen, die man lieber nicht wahrhaben möchte und diese somit lieber „umschreibt“.

Das Buch selbst hat etwas Ruhiges, die Geschichte wirkt sanft und wird durch den Charakter Eleanors auch liebevoll, wenngleich sie einige traurige Stellen bereithält. Es wirkt geradezu bezaubernd, wie feinfühlig und liebevoll Eleanor mit der traumatisierenden Geschichte und den von außen teils unverständlich wirkenden Verhaltensweisen von Dezember umzugehen weiß. Auch einzelne Sätze sind sehr prägnant und gut eingesetzt und spiegeln das Innenleben Dezembers gut wieder, ohne sich dabei in langen traurigen Passagen zu verlieren.
Das Cover ist ebenfalls wundervoll gestaltet und absolut passend zu der Geschichte – schlicht, dezent, in wenig aufdringlichen Farben und doch die wesentlichen Elemente der Geschichte einfangend.

Einziges Manko: Ein paar kleinere irritierende Übersetzungsfehler (in etwa „Du darfst sitzen bleiben, aber steh bitte auf!“).

*Fazit*
Ein absolut bezauberndes Buch mit Tiefgang, in dem man ganz nebenbei ein wenig Faktenwissen über verschiedene Vogelarten sammelt und das sicher nicht nur für Kinder bereichernd ist!


*Erschienen bei cbj*

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Autorin / Autor: Kyhona - Stand: 27. Januar 2022