Wer sich in einem riesigen Chefsessel an einem gigantischen Schreibtisch breit macht, fühlt sich mächtig. Und dieses Machtgefühl kann unmoralisches Verhalten hervorkitzeln. Das zumindest meinen ForscherInnen der Columbia Business School, die untersucht haben, wie sich die Körperhaltung - hervorgerufen durch künstliche Begrenzungen oder aber weitreichende Bewegunsgfreiheit - auf das Verhalten auswirken kann.

Vorausgegangene Studien haben gezeigt, dass eine offene, ausladende Körperhaltung zu einem erhöhten Machtgefühl führt. Dieses widerum soll unehrliches Verhalten fördern und Betrügereien, Lügen und sogar Verkehrsdelikte begünstigen. Die ForscherInnen schlussfolgerten nun, dass unsere physische Umgebung in Form von Möbeln und Räumlichkeiten uns ja geradezu eine bestimmte Körperhaltung aufdrängt. Ein beengter Schreibtisch oder ein zu kleiner Stuhl zwingen uns, uns zusammenzukauern, ein breiter Sessel erlaubt uns hingegen jene entspannte ausladende Körperhaltung, die nun offenbar in Verruf geraten ist.

In verschiedenen Studien wollen die Forscher Hinweise gefunden haben, dass ihre These stimmt: der breite Autositz etwa führte bei Testpersonen in Rennspielen zu einer besonders rücksichtslosen Fahrweise. Und Chefsessel-ProbandInnen verhielten sich in einem speziell konzipierten Spiel unehrlicher. Auch in der realen Welt jenseits  wissenschaftlicher Laborexperimente wollen die ForscherInnen ihre These bestätigt sehen. Die Auswertung von Falschparkerdaten in New York zeigte, dass FahrerInnen mit großen Autositzen sich weniger um Parkverbote scheren.

So lange diese etwas merkwürdig anmutende Studie nun nicht dazu führt, dass SchülerInnen oder ArbeitnehmerInnen nur noch beengte Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt bekommen, damit sie schön gekrümmt da sitzen müssen und infolgedessen absolut ehrlich sind, kann es uns ja letzlich egal sein, welch seltsame Zusammenhänge diese Forscher entdeckt haben. Die Manager in ihren fetten Ledersesseln werden vermutlich nur müde lächeln, wenn man sie mit einem engen Stuhl am Minischreibtisch zu einem moralischerem Verhalten bringen will.
Zumindest wissen wir jetzt, wem wir künftig die Schuld zuschieben müssen, wenn uns ein Auto fast über den Haufen fährt: dem viel zu breiten Autositz.