Wie konnte das passieren?
Studie: Das große Ganze sehen tröstet
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Immer wenn schlimme Ereignisse passieren, wie zum Beispiel Amokläufe oder Anschläge mit vielen Toten und Verletzten, stellen sich Menschen nach dem ersten Schock die Frage: "Warum ist das passiert?"
Auch wenn man darauf selten befriedigende Antworten findet, ist das laut einer aktuellen Studie der University of Texas der bessere Weg, um mit einer Tragödie fertig zu werden, als sich von detaillierten Berichten in den Nachrichten und Social-Media-Kanälen verrückt machen zu lassen. Die Studie zeigt, dass wir nach einem negativen Ereignis eher Klarheit finden, wenn wir den größeren Zusammenhang betrachten. Diese Betrachtungsweise helfe uns, negative Emotionen und das Gefühl von Kontrollverlust besser zu verarbeiten, sagt Jae-Eun Namkoong, Hauptautor der Studie.
"Zu wissen, wo die Ursachen von tragischen Ereignissen liegen, hilft Menschen nicht nur, sich besser zu fühlen, sondern gibt ihnen auch eine Richtung zum Handeln", sagt Namkoong. So seien beispielsweise Petitionen an die Regierung oder auch Boykott-Aufrufe gegen mangelhafte Produkte dadurch motiviert, dass Menschen die Ursachen negativer Ereignisse erforscht haben.
Um ihre Forschungsannahme zu untermauern, präsentierten die Forscher im Rahmen der Studie 196 TeilnehmerInnen Informationen über den Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School im Jahr 2012; dabei veränderten sie ihr Zeitgefühl, indem sie verschiedene zeitliche Referenzpunkte einsetzten. In einem Beispiel erschien der Amoklauf den StudienteilnehmerInnen so, als sei er erst kürzlich geschehen, wenn sie ihn mit den Anschlägen vom 11. September 2001 verglichen. Aber im Vergleich zu einem ähnlichen Vorfall, der nur zwei Wochen vorher aufgetreten war, kam es ihnen vor, als sei er zeitlich schon viel weiter weg.
Den Ergebnissen zufolge waren sich die TeilnehmerInnen, die den Amoklauf als "weiter weg" wahrgenommen hatten, schon sicherer in der Frage, warum das alles passieren konnte.
"Je mehr Zeit vergeht, desto sicherer gehen Menschen von Natur aus mit den Ereignissen um", sagt Henderson Marlone, Assistenzprofessor für Psychologie und Co-Autor der Studie. Wenn man versuche, für sich selbst einen Sinn zu finden, fiele es einem leichter, sich räumlich und zeitlich von einem schlimmen Vorfall zu distanzieren. Dies gelte auch für persönliche Probleme, Konflikte bei der Arbeit und alles andere, was schief laufen kann.
In einem weiteren Experiment präsentierten die Forscher 202 TeilnehmerInnen eine Liste der möglichen Ursachen des Sandy Hook-Amoklaufs, die häufig in den Medien genannt wurden: zum Beispiel mangelnde soziale Einbindung des Verdächtigen, Sicherheitsmängel in Grundschulen, Persönlichkeitsstörung des Schützen oder lasche Waffenkontrollen. Die Testpersonen sollten anschließend jedem Anlass einen prozentualen Wert zuordnen.
Das Ergebnis: Diejenigen, die den Amoklauf als zeitlich entfernter wahrgenommen hatten, schrieben dem Ereignis nur eine oder zwei mögliche Ursachen zu, während die TeilnehmerInnen, die den Vorfall näher in Bezug zur Gegenwart bewertet hatten, eine Vielzahl von Ursachen auswählten.
Die Ergebnisse der Studie können laut Henderson nicht nur PsychologInnen wichtige Impulse geben, sondern auch den Medien. Anstatt immer neue Details über Katastrophen zu berichten, sollten ReporterInnen dazu beitragen, Menschen zu trösten, indem sie mithilfe von Sinnsuche ein wenig mehr Distanz in ihre Berichte bringen.
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung; Bild: Copyright: LizzyNet - Stand: 28. August 2013