Das neunte Haus

Autorin: Leigh Bardugo
Übersetzt von: Michelle Gyo

Alex Stern, die eigentlich Galaxy heißt, ist ein Mädchen aus der Stadt und nach einem traumatisierenden Erlebnis ziemlich am Boden. Da bekommt sie eine Chance, die sie nie erwartet hätte. Sie wird von Lethe an die Universität Yale eingeladen. Lethe ist das titelgebende neunte Haus, das die acht mächtigsten Studentenverbindungen an der Universität und ihre magischen Rituale überwacht. Alex hat die besondere Gabe, Geister zu sehen, eine Fähigkeit, von der ihr Mentor Darlington nur träumen kann.

Es ist nicht leicht für Alex sich einzuleben und der Stoff an der Uni fällt ihr schwer. Aber als auf dem Campus ein Mädchen brutal ermordet wird, sind andere Qualitäten gefragt. Alex und Darlington stellen Recherchen an und es müssen mehrfach Grenzen überschritten werden, von denen es kein Zurück mehr gibt.

Man kann und darf bei diesem Buch nicht zu viel vom Inhalt verraten, ohnehin lässt sich die komplexe Story überhaupt nicht einfach widergeben. Denn was auch immer man sagen würde, es klänge banal:
Außenseitermädchen hat unbekannte besondere Begabung und wird an Elite-Uni eingeladen. Ihr arroganter Mentor unterschätzt sie erst, um ihr dann zu verfallen. Nicht alle hübschen College-Sportskanonen sind so nett wie sie aussehen. Klingt nach einem typischen Roman, aber in diesem Buch ist vieles anders als gedacht.

Hier geht es auf der einen Seite sehr magisch zu: Rituale, Artefakte, Geister und jede Menge merkwürdige Tinkturen spielen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig könnte aber auch alles nur Lug und Trug sein, die Grenzen zwischen Droge und Zaubertrank, zwischen Beschwörungsformel und Juristenlatein, zwischen Blendzauber und Maskenbildner-Kunst sind hier fließend. Denn an der Uni geht es auch sehr weltlich zu und die im Hintergrund schwelenden Machtkämpfe und Rangeleien um Gelder und Unterstützung haben wenig "Fantastisches“ und könnten in jedem größeren Betrieb angesiedelt sein.

Alex ist eine wunderbar unperfekte, liebenswerte Heldin, die mehr am Stecken hat, als man zunächst ahnt. Überhaupt ist in diesem Buch keiner, wer oder was er scheint und es gibt jede Menge überraschende, schockierende und verblüffende Wendungen. Es ist eine raue Welt voller Grausamkeiten (und darum auch nicht unbedingt für zart besaitete Leser_innen geeignet), dennoch auch eine voller Liebe, Freundschaft und Loyalität. Der Roman sprüht nur so vor kreativen Einfällen, die aber derartig selbstverständlich und nonchalant präsentiert werden, dass man einfach nur staunen kann.

Allerdings führt diese Selbstverständlichkeit auch dazu, dass es eine Weile braucht, bis man in diesem Buch drin ist. Hier wird keine Welt erklärt, der Leser muss sie sich erschließen – ebenso wie die vielen Geheimnisse, die nach und nach auf verschiedenen Zeitebenen - mal aus der Sicht von Alex, mal aus der von Darlington – aufgeschlüsselt werden.
Der Roman hinterlässt einen nicht mit einem Cliffhanger, verweist aber durch seinen Schluss auf eine Fortsetzung. Die werde ich mir auf keinen Fall entgehen lassen!

*Fazit*
Ein mitreißender, ungewöhnlicher und absolut cooler Urban-Fantasy-Kriminal-Geister-Roman, der einem zu Beginn etwas Geduld abverlangt, einen dann aber restlos umhaut.


Autorin / Autor: luthien - Stand: 6. Februar 2020