Das Paradies der Täter

Autor: Jürgen Seidel

Buchcover

Dunkel ist das Cover des Buches, dunkel und düster. Nur eines sticht heraus: Ein Junge mit einem gelben Pullover. Ein Junge, der so viel mehr ist, als nur einer von vielen.

Der Ort des Geschehens ist Argentinien, in dem der junge Tom, ein 17-jähriger Sohn eines Nazis im Jahre 1952 lebt. Weil sein Vater untertauchen musste, lebt die Familie von Tom, dem Protagonisten des Romans, erst in Montevideo und zog danach weiter nach La Plata in Argentinien. Dort besucht er eine deutsche Schule, die sowohl von Kindern aus Familien besucht wird, deren Mitglieder den Nazis zugehörig sind, als auch Kinder und Jugendliche, die den jüdischen Glauben vertreten. Wer welcher „Seite“ angehört, ist in der Schule kein großes Geheimnis, was dazu führt, dass es immer wieder Streit zwischen beiden Gruppen gibt.

Als Tom jedoch seinen ersten Schultag hat, beobachtet er einige Jugendliche, die dabei sind sich zu prügeln. Ohne großartig nachzudenken mischt er sich in die Menge und verteidigt, ohne es zu wissen, einige jüdische Jungs. Dies führt zu einem großen Missverständnis, denn von nun an wird er ohne Zweifel für einen Jungen jüdischen Glaubens gehalten.
Doch dies ist ganz zu Gunsten Toms, denn im Gegensatz zu seinem Vater ist er gegen die antisemitische Denkweise seiner Eltern. Der nach Gerechtigkeit strebende Jugendliche stellt sich sogar vor seinen aggressiven Vater und verteidigt hartnäckig seine Ansichten. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, wieso Tom seine wahre Identität nicht zugeben will: Walli. Sie ist eine junge, hübsche Jüdin, die Tom seit der ersten Begegnung den Kopf verdreht hat.

Wie man sich vielleicht vorstellen kann, ist es nicht ganz so einfach seine Familie, seine Vergangenheit und sein gesamtes Dasein zu verleugnen. Ob das kleine Geheimnis auffliegt und ob Tom seine heimliche Liebe wirklich erobern kann, verrate ich an dieser Stelle nicht, denn glaubt mir: Auch wenn der Roman mit seinen fast 400 Seiten nicht an einem Tag durchzulesen ist, lohnt es sich auf jeden Fall, die Zeit dafür zu investieren. Dieser Roman ist unheimlich spannend, lehrreich und informativ. Er befasst sich mit einer Thematik des dritten Reichs, die meiner Ansicht nach immer noch sehr aktuell ist und dies nicht nur durch den Schulunterricht, in dem das dritte Reich oftmals Thema ist. Der Roman schafft durch die detaillierte Schilderung der Probleme und Konflikte, die in dieser Zeit auftraten, Aufklärung und hilft dabei sich in eine Zeit und Situation hineinzuversetzen, die für keinen von uns leicht nachzuvollziehen ist. Als dieses Thema bei mir im Geschichtsunterricht durchgenommen wurde, ging es häufig um Daten, Fakten und (vermeintliche) Tatsachen. In der Geschichte des jungen Toms aber geht es um so viel mehr. Es geht um Gefühle, um den Weg eines jungen Mannes auf der Suche nach sich selbst, auf der Suche nach Gerechtigkeit und auf der Suche nach dem „Richtig“ und „Falsch“. Mich hat dieser Roman sehr gefesselt und ich empfehle ihn auf jeden Fall weiter, an alle Leseratten, alle Geschichtsinteressierten und an alle die auf der Suche nach einem zum Nachdenken anregendem und höchst emotionalen Roman sind. 

*Erschienen bei cbt*

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Autorin / Autor: Nela - Stand: 16. Mai 2013