Der zehnjährige Erik und seine dreizehnjährige Schwester Blenda haben ihren Vater seit mehr als sieben Jahren nicht gesehen; damals ist er als Goldsucher nach Amerika aufgebrochen, doch die Familie hat nie wieder etwas von ihm gehört. Während Erik kaum Erinnerungen hat, schreibt Blenda noch immer regelmäßig Briefe, die sie in einem kleinen Muschelkästchen aufbewahrt – sie ist fest überzeugt, dass ihr Vater zurückkommen wird.
Diese Hoffnung hat Tora, die Mutter der beiden, mittlerweile aufgegeben. Sie arbeitet als Wäscherin, und da die Familie am Existenzminimum lebt und sie sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder macht, beschließt sie eines Tages, auf die Avancen eines Kunden einzugehen: Der Leuchtturmwärter Carl Nordsten hat sie gebeten, gemeinsam mit Erik und Blenda zu ihm auf die kleine Leuchtturminsel zu ziehen.
Besonders Blenda wehrt sich gegen den Umzug, denn ihr ist Nordsten von Beginn an unsympathisch. Auf der Insel stellt sich schnell heraus, dass sich das Zusammenleben mit ihm tatsächlich als problematisch erweist: Der Leuchtturmwärter ist autoritär und unberechenbar, er duldet keine Widerrede und schikaniert Blenda und ihre Mutter, die sich zunächst völlig einschüchtern lässt und nicht zur Wehr setzt. Erst als Nordsten Erik wegen eines nichtigen Fehlers verprügeln will, stellt sie sich schützend vor ihre Kinder.
Nordsten kann diese Rebellion gegen seine Erziehungsmaßnahmen nicht akzeptieren, und um Erik eine Lektion zu erteilen, stürmt er nach draußen, um das zahme Möwenküken, das der Junge pflegt, zu erschießen. Bevor es ihm jedoch gelingt, rutscht er in eine Felsspalte und bricht sich das Bein. Nun ist erstmals der Leuchtturmwärter selbst von anderen abhängig – während Tora sich mit ihm im Boot auf den Weg zum Festland macht, um ihn ins Krankenhaus zu bringen, bleiben Erik und Blenda allein auf der Insel zurück.
Ein Sturm zieht auf, und bald sind die Wellen so hoch, dass eine Rückkehr der Mutter am selben Tag ausgeschlossen erscheint. Blenda und Erik schaffen es, allein das Leuchtfeuer zu entzünden; dennoch beobachten sie, wie mitten in der Nacht ein Schiff ganz in der Nähe Notraketen zündet. Am nächsten Morgen legen vier Schiffbrüchige auf der kleinen Insel an – einer von ihnen ist Schwede, und in Blenda regt sich die unwahrscheinliche Hoffnung, dass es sich vielleicht um ihren Vater handeln könnte.
Sie zeigt dem Mann ihr Muschelkästchen, um seine Reaktion zu sehen. Der Mann erkennt das Kästchen tatsächlich, doch es handelt sich nicht um Blendas Vater, sondern dessen ehemals besten Freund. Gerade als Blenda ihn ausfragen will, ob er etwas über den Verbleib ihres Vaters weiß, nähert sich ein weiteres Boot – Tora und Nordsten kommen zurück.
Nordsten bekommt einen Wutausbruch, als er sieht, dass Erik und Blenda die Schiffbrüchigen mit Nahrung und Kleidern versorgt haben. Nun jedoch stellt sich der fremde, freundliche Matrose schützend vor die Familie. Auch überbringt er ihnen nach all den Jahren die traurige Gewissheit, dass Blendas Vater tot ist – er wurde schon kurz nach Beginn seiner Reise in einem englischen Hafen überfallen und erschlagen. So schwer diese Nachricht Blenda und ihre Familie trifft, sie gibt ihnen auch Kraft: Die Mutter fasst nun den mutigen Entschluss, sich nicht länger an den jähzornigen Nordsten zu binden, sondern mit den Kindern aufs Festland zurückzukehren. Der freundliche Matrose wird die Familie fürs Erste begleiten.
Der Leuchtturm unter den Sternen ist kein lautes Buch, in dem ein Höhepunkt den anderen jagt, sondern besticht in erster Linie durch poetische Sprache und einen eindringlichen Stil. Durch den beständigen Wechsel der Erzählperspektive erhält der Leser Einsichten in die Gedanken und Gefühle nahezu aller handelnden Figuren, die ausgesprochen vielschichtig und individuell gestaltet sind. Es gelingt den Autoren sofort, eine emotionale Verbindung zu Blenda und ihrer Familie aufzubauen, sodass deren Schicksal bald auch zur Herzensangelegenheit des Lesers wird. Der realistische Ausgang der Geschichte unterstreicht die authentische Darstellungsweise des Romans. Ein wirklich tolles Buch, das es sich auf jeden Fall zu lesen lohnt!
*Erschienen im Carlsen Verlag*
Autorin / Autor: fabienne - Stand: 30. November 2012