Der Sandmann
Autor: Lars Kepler
Übersetzt von Paul Berf
ab 16 Jahren
Der Alptraum für alle Eltern: An einem lauen Sommerabend schleichen sich die Kinder aus dem Haus und sind seither spurlos verschwunden. Jahrelang findet sich keine einzige Spur, schließlich lassen die Eltern ihre Kinder für tot erklären. So ergeht es der Familie Kohler-Frost. Nachdem Michael und seine Schwester wie vom Erdboden verschluckt sind, leidet auch die Ehe der Eltern. Kohler-Frost Senior nimmt sich die ein oder andere Geliebte, während seine Frau in der Trauer um ihre Kinder versinkt. Doch dann passiert das unglaubliche: Michael taucht plötzlich wieder auf - verwirrt läuft er über Bahnschienen, irgendwo in Schweden, infiziert mit der Legionärskrankheit. Wird die Krankheit nicht behandelt, stirbt der Infizierte. Nachdem der junge Mann aufgegriffen und im Krankenhaus versorgt wurde, berichtet er, dass auch seine Schwester noch lebe. Allerdings kann Michael dem Ermittlerteam nicht sagen, wo beide gefangen gehalten wurden. Vor seiner Flucht wurde Michael an einen anderen Ort verlegt. Nur eins weiß er - seine Schwester und er haben ihren Entführer “Sandmann” genannt.
Szenenwechsel: In einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt sitzt Jurek Walter seit einigen Jahren in Isolationshaft. Er darf mit niemandem sprechen, niemand wird in seine Zelle gelassen. Ihm wird vorgeworfen mehrere Kinder entführt und getötet zu haben - auch das Verschwinden der Kohler-Frost Geschwister wird ihm zur Last gelegt. Doch als Michael wieder auftaucht wird klar: Jurek muss einen Gehilfen haben, der sich all die Jahre um die Kinder gekümmert hat. Und Jurek weiß, wo sich das verschwundene Mädchen befindet. Doch er ist nicht bereit zu sprechen. Um die junge Frau zu retten, bleibt den Ermittlern nur die eine Lösung: Saga Bauer, eine junge und ambitionierte Polizistin, wird als Patientin in die selbe Klinik eingeliefert. Dort soll sie das Vertrauen des Serienmörders gewinnen und so den Entführungsort aus ihm heraus kitzeln. Doch in der Anstalt darf niemand wissen, dass sie eigentlich gar nicht krank ist. Deshalb muss auch sie Tabletten schlucken und sich auffällig verhalten. Was Saga nicht weiß - einer der Pfleger dosiert die Medikamente gerne mal zu hoch, um sich dann an den Patienten zu vergreifen.
Das Autorenteam Lars Keppler hat mit “Der Sandmann” bereits ihren vierten Kriminalroman auf den Markt gebracht. In Schweden wird die Reihe rund um Kommissar Joona Linna gefeiert, die Hauptperson wurde schon öfter mit Sherlock Holmes verglichen. Das Autorenteam weiß, wie man die Leser bei der Stange hält. Fast jedes Thema endet mit einem Cliffhänger, sodass der Leser unbedingt weiterlesen muss. Allein schon die Beschreibung des psychisch Kranken lässt den Leser atemlos Seite um Seite weiterblättern. Geschickt sind Rückblicke und Szenenwechsel eingebaut. So erfährt man nicht nur, wie Saga mit Jurek in der Anstalt redet, sondern auch wie die abhörenden Ermittler darauf reagieren. Das Buch ist durchaus ein solides Stück Kriminalliteratur. Allerdings wird die Erzählung zum Ende hin sehr verworren. Wer da mit wem wie in Beziehung steht und zu welchen Konsequenzen das führt - das ist manchmal schwer zu durchschauen. Nur der, der sich dort wirklich konzentriert und nicht nur der schnellen Auflösung entgegeneilt, wird am Ende durchschauen, wie die Beziehungen verwoben sind. Man kann den Autoren vorwerfen, dass sie hier schlecht schreiben, man muss es aber nicht. Schließlich sieht man an solchen Stellen auch, wie viel Denkleistung in einem Krimi stecken kann.
*Erschienen bei Bastei Lübbe*
Autorin / Autor: missmarie - Stand: 18. Juni 2015