*Der Inhalt*
Ben bekommt von seiner Freundin Tomomi Ishikawa einen traurigen Brief. Sie schreibt, dass sie sich soeben das Leben genommen hat. Also fährt er in ihre Wohnung, er besitzt einen Schlüssel und guckt nach. Er kann nicht glauben, dass das stimmen soll. Manchmal war Butterfly, wie alle sie nannten, schwermütig, doch damit hat er nicht gerechnet. In ihrer Wohnung findet er weitere Anweisungen. Sie vermacht ihm ihren Laptop und darauf befinden sich weitere Hinweise, die ihn auf eine große Reise schicken. Eine Reise, für die er Paris verlassen muss, aber die auch in die dunklen Abgründe von Butterflys Seele führt...
*Meine Meinung*
Das Buch “Die drei Leben der Tomomi Ishikawa” ist ziemlich merkwürdig und bizarr. Anders kann ich es nicht bezeichnen. Etwas solch Verrücktes, aber gleichzeitig gut Geschriebenes ist mir noch nie untergekommen. Der Autor Ben Constable, der gleichzeitig die Hauptfigur des Romans ist und die Geschichte aus der Ich-Perspektive schildert, folgt den Hinweisen seiner Freundin. Seiner Freundin Tomomi Ishikawa, die sich das Leben nahm. Diese Hinweise präsentieren ihm Briefe, die sie an ihn verfasst hat sowie Notiz- und Tagebücher, die eigentlich nie jemand hätte lesen dürfen. Denn die Inhalte dieser Tagebucheinträge sind äußerst verstörend, böse, dunkel und brutal.
Als Leserin sah ich mich in diesen Erinnerungen von Tomomi Ishikawa jedes Mal mit einer kleinen Geschichte in der Geschichte konfrontiert.
Das erzeugte eine Multiperspektivität, die ich genossen habe und die ein Erleben der Handlung nicht im Direktkurs, sondern im Kurs mit gelegentlichen “Zick Zack Linien” mit sich brachte. “Zick Zack Linien”, die sich lohnten und die “Die drei Leben der Tomomi Ishikawa” sehr bereicherten.
Überhaupt laufen in Ben Constables Roman viele Ebenen und Begebenheiten durcheinander, parallel, unterteilt und aufeinander aufbauend ab. Dieses dichte Netz aus scheinbar wahren Erzählungen und Erlebnissen der Hauptfigur zu durchblicken schien mir manchmal unmöglich, doch sowohl der Protagonist als auch der Autor Ben Constable fanden sich immer zurecht und leiteten mich geschickt durch alle Hindernisse und Hürden.
Ben selbst ist ein ruhiger Typ, den nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Er ist nicht gefühlskalt, denn er trauert um seine tote Freundin, allerdings ist er ein Meister darin, unkompliziert und mit gutem Gefühl irgendwie durchs Leben zu gleiten. Ein Stückcken und zwar für die Dauer von “Die drei Leben der Tomomi Ishikawa” lang habe ich ihn begleiten dürfen und dieses äußerst gerne.
Überhaupt ist “Die drei Leben der Tomomi Ishikawa” ein Buch des Nachdenkens. Und ich HABE viel nachgedacht. Ich habe begonnen, mich – ebenfalls wie Ben – zu fragen, was nun Realität und was Fiktion ist. Was, von dem, was Tomomi Ishikawa Unglaubliches und dermaßen Abstruses erzählt, ist wahr und was nicht? Ich wusste auch nicht, ob ich mir nun wünschen sollte, dass es wahr ist oder nicht...
Ben Constables Werk ist keine leichte Lektüre. Sie eignet sich zwar zum Abschalten, nicht unbedingt jedoch zum Entspannen. Dafür muss man zu viel Konzentration aufbringen, um sich vollends auf die Verwicklungen und verrückten Verworrungen einzulassen.
Dennoch fieberte ich ununterbrochen mit und hoffte, dass Ben Constable am Ende eine zufriedenstellende, übergeordnete Lösung für alles finden würde!
*Mein Fazit*
“Die drei Leben der Tomomi Ishikawa” wartet mit einer mehr als ausgefallenen Idee auf, die sich gut umgesetzt präsentiert, Spannung verspricht, Lesefieber birgt und für Schatzsucher ab 14 Jahren tolle Unterhaltung garantiert. Allerdings zeigt sich Ben Constables Roman auch in einem merkwürdigen Licht, das zu ergründen ich unentwegt versuchte. Ich bin mir nicht sicher, ob mir dies gelang. Wer also mehr oder minder offene Enden verträgt (ob das nun offen ist oder nicht, liegt im Auge des Betrachters) und in einer Geschichte versinken möchte, die sich möglicherweise so oder so ähnlich in der Realität abspielte, sollte Ben Constable eine Chance geben. Denn Ben ist ein toller Kerl und ein Buchkumpel, den ich sehr in mein Herz geschlossen habe!
*Erschienen bei Script5*
Autorin / Autor: charlielou - Stand: 7. Oktober 2013