Tintenwelt 4. Die Farbe der Rache

Autorin: Cornelia Funke

Fünf Jahre nach den Geschehnissen in "Tintentod" und mitten im friedlichen, glücklichen Leben der Tintenwelt-Held:innen wird plötzlich Eisenglanz gesichtet. Staubfinger und seine Freunde ahnen, dass das friedliche Leben nun schon wieder vorbei ist. Denn ihr Erzfeind Morpheus sinnt auf Rache. Und die bekommt er. Mit dem schrecklichen Zauber einer Schattenleserin sorgt er dafür, dass die Held:innen der letzten Romane fast ausnahmslos mit grauer Farbe in ein Buch gemalt werden, aus dem es kein Entkommen gibt. Das Grau, mit dem sie gemalt sind, entzieht ihnen alle Lebenskraft. Nur Staubfinger, das Hauptziel von Morpheus Rache, und der schwarze Prinz bleiben - nicht ganz beabsichtigt - zurück. Sie sind demnach auch die Hauptfiguren in diesem vierten Band, Maggie und Mo bleiben Randfiguren, in Grau zu einem leblosen Bild erstarrt.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass hier aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird und dabei Morpheus, sein Glasmann Eisenglanz und sein fieser Handlanger Rinaldi sehr viel Raum bekommen. Insgesamt erschien mir die Geschichte darum sehr düster. Wie die Figuren im Buch zu grauen Bildern verblasst sind, liegt auch sehr viel graue Stimmung über allem. Um seinen bösen Zauber umsetzen zu können, muss Morpheus junge Mädchen opfern, Staubfinger kämpft mit der Gräue, die ihm alle Kraft geraubt hat und Rinaldi versucht im Vorbeigehen junge Frauen zu vergewaltigen, wenn er nicht gerade andere Intrigen plant. Dafür gibt es einige neue Charaktere, die etwas Frische in die traurige Situation bringen, zum Beispiel Lilia, die über eine mächtige und sehr lebendige Waffe verfügt, die sie im entscheidenden Moment eindrucksvoll zum Einsatz bringen kann.

Auch der schwarze Prinz und der junge Wunderschmied Jehan sorgen dafür, dass der Tintenwelt-Zauber bleibt. All die schönen (magischen) Details (z.B. die wundersame Feder der Schattenleserin), die Liebe und Freundschaft, die die Charaktere füreinander empfinden, all ihre Wärme, die zwischen der Gräue durchscheint, sorgen für genau die Gefühle, die ich beim Lesen der ersten drei Bände hatte. Und natürlich geht es wie auch in  den anderen Tintenwelt-Romanen auch um den Zauber des Erzählens, der hier allerdings akut gefährdet ist durch die Macht der Bilder. 

*Fazit*
Das Buch ist kurz, die Kapitel sind kurz, das Buch hat hier und da trotzdem ein paar Längen. Das liegt vermutlich daran, dass die eher unliebsamen Charaktere viel Raum bekommen und man ihren Gedanken einfach nicht so gerne folgt - so zumindest ging es mir. Neid, Eifersucht, Rachegelüste und Gewalttätigkeit spielen hier eine große Rolle ebenso wie Schuldgefühle und Wut. Es ist darum alles recht düster und trotz jeder Menge liebenswerter Charaktere keine leichte Kost. Auch wenn mir Licht und Leichtigkeit der Tintenwelt-Trilogie ein bisschen gefehlt haben, passt die Traurigkeit, die über diesem vierten Band und den ergrauten Figuren liegt, irgendwie perfekt in unsere düstere Zeit.

*Tipp*
Lieber vorher noch mal eben die ersten drei Bände lesen ;-), sonst ist der Einstieg möglicherweise schwer. Ich hatte doch erstaunlich viel vergessen.

Autorin / Autor: merceda - Stand: 30. Oktober 2023