Autor: Robert M. Sonntag
Für Robert M. Sonntags „Die Scanner“ lege ich Nick Hornby‘s „ A long way down“ zur Seite. Nach den ersten Zeilen ist mir unklar, ob es sich lohnt, nach dem ersten Kapitel - bin ich drin. Die Thematik ist so brisant, wie ich es mir erhofft habe, aber die Kraft der Imagination, die durch den Schreibstil noch belebt wird, mir völlig neu. Immerhin, wer kennt sie nicht, die Ängste vor einer digitalisierten Welt? Gerne würde ich mal einen Verlag oder eine eigene Zeitschrift haben, doch schon jetzt warnt man mich: dieses Geschäft ist bald tot. Wie tot es im schlimmsten Fall sein kann, zeigt mir das Buch „Die Scanner“ eindringlich, atemlos.
Persönlich halte ich schon E-Books für eine wahre Katastrophe. Zwar mag die allgemeine Meinung hier auseinander gehen, aber nur, weil immerhin noch die Wahl besteht, zu einem echten Buch Band zu greifen und dort die schwarze Tinte auf dem gebleichten Papier zu riechen. Mein Albtraum ist in dem Buch von Robert M. Sonntag zur Realität geworden. Denn Bücher wird man in der Welt der Scanner Rob, (ironischerweise Rob Sonntag, was später noch von Bedeutung sein wird, wenn man den Roman wieder
zuschlägt) und Jojo nicht finden. Geld verdient man dadurch, die Bücher in einem System zu registrieren, wodurch sie nur noch virtuell, dafür aber für alle verfügbar sind. Beziehungsweise sein sollen. Denn nur wenig ist so, wie die Bosse der Scanner-Marionetten es ihrer Gesellschaft vorspielen.
Oder projizieren. Denn 2035 ist nichts mehr echt. Alles technisch, künstlich erzeugt.
Manche Wortneuschöpfungen verwirren mich, weil sie nicht erklärt werden und das Tempo zügig ist, doch ich mag Bücher die Verwirrung stiften, denn so liest man die Worte genauer, obwohl zeitgleich in diesem Fall Seite um Seite zwischen meinen Finger fliegt. Es schwindelt mir ein wenig. Mein Kopf surrt. Ich denke plötzlich über die neuste Generation an Handys nach, über Kontrolle, über facebook- Datennutzung.
Das Tempo ist konstant schwindelerregend, Ereignisse überschlagen sich, der Protagonist Rob ändert seine durch die die Scanner verseuchte Haltung, wechselt von Zone zu Zone in der kontrollierten Welt in der er lebt, lernt in jedem Kapitel neue Personen kennen und macht viele Fehler auf seinem, wie ich finde, Weg zur Richtigkeit.
Die fehlenden sinnlichen Eindrücke in der heutigen Welt und die zunehmende Kommunikation über Medien, die echte Beziehung dann in der Realität fad erscheinen lassen- diese Probleme werden hier weitergesponnen, dramatisch und schockierend. Und obwohl auch etwas überspitzt dargestellt, fühlt man eine gewisse Unruhe in sich, leicht ertappt dabei, vielleicht auch eher die Oma als Dankeschön für die 50 Euro angerufen zu haben, statt sie wirklich herzlich in den Arm zu nehmen, oder mit einer Freundin im selben Land zu skypen, statt sie zu besuchen.
Ich mag, dass in diesem Thriller kein Mord im Vordergrund steht, sondern eine wichtige Thematik, das Leben selbst, wie unseres in Zukunft gestaltet sein könnte, und zwar: „wenn man nur einen Schritt weiter gehen würde“ - dass dieses Leben selbst der Thriller ist, gespickt mit unkonventionellen Freundschaften und Feindschaften.
Eine große Empfehlung, sich von dieser Geschichte mit viel Fantasie, die doch nicht realitätsfern ist,
unterhalten und anregen zu lassen!
Als ich das Buch zuschlage, erhalte ich den Tipp der Tipps: der Autor = selbst Robert Sonntag. Mir stockt kurz der Atem, als ich die Schriftstellerbschreibung lese. Dann kneife ich mich und begreife: wir haben 2013, nicht 2035. Nehme mir ein Buch und beschließe, ein paar Tage ohne Computer auszukommen ... immerhin.
*Erschienen bei: KJB*
Autorin / Autor: luisa1995 - Stand: 10. April 2013