Warum darf ein dicker Mensch eigentlich nicht sportlich und ein dünner Mensch kein Couch-Potato sein?
Woran denkt ihr, wenn ihr einen dicken Menschen seht? An Pommes bei McDonald’s und einen doppelten Frappuccino bei Starbucks? Woran denkt ihr, wenn ihr einen sehr schlanken Menschen seht? An akkurat abgewogene Mahlzeiten und Zwangsernährung wegen Magersucht? Woher wisst ihr, dass ihr damit auch richtig liegt?
Unsere Klischees und Vorurteile begleiten unseren gesamten Alltag, 7 Tage die Woche und 356 Tage im Jahr. Natürlich arbeiten die meisten von uns an unseren Klischees und viele unserer Vorurteile lassen sich auch ausräumen, egal ob durch Fakten oder Erfahrungen.
Wie ist es jedoch mit Vorurteilen, die wir weniger bewusst wahrnehmen, die wir beinahe als objektiven Fakt akzeptieren, als ein „Das kann doch gar nicht anders sein“? Wie sollen wir versuchen, solche Vorurteile auszumerzen, wenn wir uns ihrer gar nicht wirklich bewusst sind? Da sich so gut wie niemand mit diesen Themen befasst, habe ich beschlossen, einen kurzen Artikel zu schreiben, der auf das Problem aufmerksam machen soll.
Fast jeder denkt doch bei übergewichtigen Menschen an zügelloses Essen oder bei sehr, sehr schlanken Menschen an bekannte Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie. Dass Betroffene unter solchen Klischees leiden, bekommt man als bloßer Betrachter, als vorbeieilender Passant kaum mit. Ganz unabhängig davon, ob das Gewicht zu hoch oder zu niedrig ist, bemerken Betroffene die Blicke und meistens kennen sie schon alle möglichen Kommentare von Menschen, die keine Ahnung über den Hintergrund der Betroffenen haben.
Wenn wir einen Menschen im Rollstuhl anstarren oder jemanden, der etwa an einer Hautkrankheit leidet, dann ist uns das viel eher bewusst als wenn wir Menschen wegen ihres Gewichtes anstarren. Dass aber manche, wohlgemerkt nicht alle, für ihr Gewicht nicht so viel können, geht uns nicht durch den Kopf. Ich bin selbst nicht ganz schlank und kenne diesbezüglich schon alle Bemerkungen. Dass ich dumm bin, nur, weil ich keine Modelmaße habe, dass ich extrem unsportlich sein muss und faul noch obendrein, alles habe ich schonmal gehört. Stammgast bei Fast-Food-Ketten bin ich natürlich auch, wenn es nach der Meinung anderer geht. Die Meinung der anderen, derjenigen, die mich nicht kennen und sich unmöglich eine Meinung bilden konnten, die auf etwas anderem als Vorurteilen und Klischees beruht.
Natürlich gibt es viele Menschen, die keinen Sport treiben, nur Ungesundes essen und weniger Selbstkontrolle haben, umgekehrt solche, die so viel Sport treiben und so wenig essen, dass ihr Leben ernsthaft in Gefahr gerät. Das muss aber nicht zwingend so sein. Vor allem im Sport fällt auf, dass das Gewicht einer Person nicht zwingend auf den bekannten Klischees beruhen muss. Eine Boxerin oder eine Kugelstoßerin müssen etwa mehr wiegen, sind aber trotzdem sehr sportlich, trainiert und diszipliniert. Genau umgekehrt ist es etwa bei Turnerinnen, die sehr schlank sein müssen aber dennoch nicht gleich magersüchtig sind.
Ich selbst mache regelmäßig Sport, trainiere gerade für den 10 Kilometer-Lauf, ernähre mich ausgewogen, esse Salat zu den Mahlzeiten und statt normalem Brot Vollkornprodukte. Ich fahre auch gerne mal mit dem Fahrrad, statt mit dem Bus und schaffe es, den ganzen Abend neben meinem Bruder zu sitzen, der Chips ohne Ende futtert, und mir keinen zu nehmen. Etwas übergewichtig bin ich trotzdem.
Autorin / Autor: Imber - Stand: 27. Juli 2017