Djihad Paradise
Autorin: Anna Kuschnarowa
Ein Buch über die Liebe, den Islam und Selbstmordattentäter, das wollte Anna Kuschnarowa wohl schreiben. Ohne Zweifel ist das kein einfaches Unterfangen. In ihrer Geschichte begegnen sich Romea und Julian, zwei ganz normale Berliner Jugendliche. Gemeinsam haben sie, dass beide auf ihre Art von den Familien vernachlässigt werden. Julians Vater ist ein apathischer Trinker, seit sich dessen Frau aus dem Staub gemacht hat. Romeas Eltern sind erfolgreiche Geschäftsleute und so gut wie nie zu Hause. Kurz nach dem ersten Zusammentreffen haben sich Romea und Julian unsterblich in einander verliebt und endlich scheint alles gut zu werden, wäre da nicht Julians kriminelle Vergangenheit. Er verkauft Drogen für einen gewissen Ice, den er später betrügt. Dafür verlangt Ice, dass Julian sich an Einbrüchen beteiligt. Schließlich geht etwas schief und Julian entgeht nur knapp der Polizei. Ihm bleibt nur die Flucht in Richtung Süden, gemeinsam mit Romea. Dort angekommen wird er von der spanischen Polizei aufgegriffen und nach Deutschland gebracht. Julian muss ins Gefängnis und Romea versucht, ihren Freund dennoch zu lieben und zu unterstützen. Im Gefängnis beginnt dann die eigentliche Geschichte. Julian lernt den Salafisten Murat kennen und durch ihn den Islam. Langsam aber sicher wird auch Julian immer mehr zum Salafisten. Versucht Romea zunächst noch dagegen anzukämpfen, zieht sie bald selbst mit Julian in die Gebäude der Moschee und heiratet ihren Freund nach islamischer Tradition. Nach einer Sprachreise erkennt Julian dann seine wahre Bestimmung: Er will Selbstmordattentäter werden und begibt sich in ein Ausbildungscamp.
Wie schon gesagt, das Thema Selbstmordattentäter und religiöse Extremisten ist nicht einfach zu behandeln und man muss der Autorin zu Gute halten, dass sie es probiert hat. Leider hat mir das Buch überhaupt nicht gefallen. Das liegt vor allem an den Klischees, die die Autorin bedient. Los geht es bei dem typischen Bild des jugendlichen Kleinkriminellen, das die Autorin komplett bedient. Julian verkauft nicht nur Drogen, er macht auch Gangsterrap, kann seinen bisherigen Freundinnen nicht treu sein und benimmt sich die meiste Zeit ziemlich daneben. Auch der überdeutliche Fingerzeig auf Romeo und Julia als Vorlage hat mich beim Lesen gestört. Das Bild ist einfach schon sehr abgegriffen. Außerdem benutzt Anna Kuschnarowa jedes Mal das gleiche Motiv, wenn es zu einer dramatischen Wendung im Buch kommt. Entweder sagen sich die Eltern endgültig von ihrem Kind los oder aber Freunde verlassen die Protagonisten. Beim dritten Verlassen-werden-und-sich-radaikalisieren hab ich mir doch etwas mehr Kreativität gewünscht.
Besonders negativ ist mir aber die Darstellung des Islams aufgefallen. Julian und Romea gehen zu den Salafisten, einer sehr extremen Gruppierung im Islam. Weil die beiden Hauptcharaktere nun mal dort sind, erfährt der Leser auch viel über deren Einstellungen und deren religiöse Vorschriften. Vor allem Julian zweifelt kaum an diesen Regeln und befürwortet sie die meiste Zeit. Man kann durchaus das Gefühl bekommen, dass der Salafismus die einizige islamische Glaubensgemeinschaft ist (neben einer anderen, die in einem einzigen Satz erwähnt wird). Die Assoziation Islam ist Terror ist da schnell im Kopf. Romea steht der Sache zwar kritischer gegenüber, schafft es aber nicht ein anderes Bild beim Leser heraufzubeschwören. Durch sie wird zwar Kritik an den Salafisten geübt, ein anderes Islam wird aber kaum dargestellt - sehr schade.
*Erschienen bei Beltz*
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Autorin / Autor: missmarie - Stand: 14. Oktober 2013