Ys Hand kreist über der Kaffeetasse, sie braucht heute lange. Fünf Umdrehungen, um den Zucker aufzulösen, fünf Umdrehungen, um die Milch gleichmäßig zu verteilen, länger braucht Y sonst nicht, ich zähle mit. Doch Y trinkt heute nicht, seine Finger krallen sich am Löffel fest. Dreiundzwanzig, vierundzwanzig, Ys Hände tun zu viele Umdrehungen, Y braucht heute lange. In der Tasse hat sich durch das Kreisen des Löffels ein Strudel gebildet, in dem der Kaffee rotiert, ab und zu spritzt ein Tropfen auf die Tischdecke, das hinterlässt Flecken. Ys Fingerknöchel sind weiß geworden, der Löffel klappert, und der Strudel verschluckt den Kaffee und Ys Blick, sechsunddreißig, der Zucker ist gelöst, sage ich und auch wenn Ys Hand sofort stoppt, bleiben noch eine Weile Wellen in der Tasse.
Y hat heute lange Zeit im Bad verbracht, sein Kuss ist flüchtig und schmeckt nicht nach Zahnpasta. Sobald Y die Tür hinter sich zugezogen hat, gehe ich die Fenster putzen, alles soll sauber sein, wenn Y wieder nach Hause kommt. Ich schrubbe Ys Fingerabdrücke von dem Glas und wische die toten Insekten von der Fensterbank, beides ist mehr geworden. Später bringe ich den Müll mit Ys Essensresten hinaus, der Müllsack ist voller als sonst, Y isst nicht mehr viel, dabei koche ich nur seine Leibgerichte. Im Hausflur begegnet mir Z, er redet lange mit mir. Z ist nicht viel zuhause, weil Z seine Frau nicht mehr mag. Z mag mich lieber, wie gut Y es doch hat, sagt er mit einem Lachen, das nicht lustig klingt. Z nennt mich meine Teuerste, weil er nicht viel Geld hat, seine Frau ist sehr krank, Z klingt lustig, wie er das erzählt. Z verabschiedet sich, wir sehen uns, das werden wir, ich gehe nach oben, Y wird bald kommen.
Ich habe gekocht, Lasagne, Y stochert in seinem Teller herum, die Gabel hinterlässt winzige Löcher in den Nudelplatten. Y nimmt kleine Bissen, die er langsam kaut, er braucht heute lange, elf Mal malmt sein Kiefer, bevor er schluckt. Die Lasagne wird kalt, während wir dasitzen, Y sieht ihr dabei zu, ich folge seinem Blick, zähle siebenundsiebzig Gabellöcher in der Oberfläche.
Z hat Recht, Y hat es gut. Y hat es gut, aber es geht ihm nicht so. Y braucht heute lange, um mich anzusehen, dabei habe ich mein schönes Gesicht aufgesetzt, das Y so mag, mit den großen Augen und geschwungenen Lippen. Y sieht lieber aus dem Fenster, die Hände am Glas, auf die Straße hinaus. Ich zähle seine Atemzüge, die an der Scheibe kondensieren, aus und ein und aus und ein, ich kann lange zählen. Y verbringt heute viel Zeit am Fenster.
Y liegt neben mir im Bett, die Decke hebt sich mit seinem Atem, er schläft noch nicht. Er will keinen Sex, dazu liegt er zu still. Y wird nicht von seinem Tag erzählen, ich werde nicht von meinem Tag erzählen, Y wird sich nur selbst in den Schlaf atmen, er braucht lange dazu. Es ist dunkel im Raum, Y liegt still.
Y?
Aus der Dunkelheit schweigt es, die Decke hebt sich, Y schläft jetzt. Ich werde wach bleiben, denn meine Augen sind zu groß um sie zu schließen.
Y, wie geht es dir?
Eine Antwort verfängt sich zwischen Nullen und Einsen.