Gefahren von Mediennutzung überschätzt?

Britische Studie: Bis zu einem bestimmten Grad ist Bildschirmzeit für Jugendliche nicht schädlich - im Gegenteil

Dick, depressiv, einsam, kurzsichtig, verblödet, gewaltbereit? Zeitweise könnte man glauben, das Schlimmste, was Jugendlichen derzeit widerfährt, ist ihr (angeblich zu hoher) Bildschirmkonsum. Die Vermutungen, die aus vielen Untersuchungen herausklingen, gehen häufig in die Richtung: je länger, desto schlimmer (dicker, einsamer, blöder, kurzsichtiger usw.).
Wissenschaftler_innen der britischen Universitäten Cardiff und Oxford um Andrew Przybylski wollten nun unter die Lupe nehmen, welche dieser Annahmen auch aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt sind - und stießen dabei auf eine große Lücke zwischen dem, was wirklich wissenschaftlich untermauert ist und dem, was Eltern und Pädagog_innen empfohlen wird. Sie haben darum die Bildschirmzeiten und ihre (psychischen) Folgen anhand von  Daten einer großen britischen Studie analysiert, in deren Rahmen über 120.000 Jugendliche zu ihrem Mediengewohnheiten und ihrem psychischen Wohlbefinden befragt worden waren.

Die Wissenschaftler_innen stellten anhand der erfassten Daten die Hypothese auf, dass es im Hinblick auf die Mediennutzung einen sogenannten "Sweet Spot" gibt, also einen Bereich bzw. einen Punkt, bis zu dem etwas optimal ist. In Bezug auf die Mediennutzung also ein Punkt, bis zu dem niemand Schaden nimmt - im Gegenteil sogar eher soziale Kompetenzen dazu erwirbt und sein Wohlbefinden sogar verbessern kann. Erst ab diesem Punkt sinkt das Wohlbefinden. Die Anzahl der Stunden, die noch im "grünen Bereich" lagen, waren dabei höher als man meinen sollte. Für Tage in der Woche waren es 1 Stunde 40 Minuten Videospiele, 1 Stunde 57 Minuten Handynutzung, 3 Stunden 41 Minuten für Videos ansehen und 4 Stunden und 17 Minuten für die Computernutzung. Am Wochenende war sogar noch mehr drin, ohne schlecht drauf zu kommen. Selbst über dem magischen Punkt war der Zusammenhang zwischen Bildschirmnutzung und einem schlechten Wohlbefinden nur ein Drittel so stark wie der zwischen zu wenig Schlaf oder einem fehlenden Frühstück und schlechtem Wohlbefinden.

Die Forscher_innen schließen aus ihren Untersuchungen, dass die Wahrscheinlichkeit durch hohen Bildschirmkonsum Schaden zu nehmen recht gering ist, selbst bei hohem Konsum. Sie fordern, dass Empfehlungen für Eltern und Pädagog_innen sich künftig stärker an Forschung orientieren sollte, die explizite Hypothesen über die Effekte von Technologie  testet.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 17. Januar 2017