Escape Room – blutige Spur ist ein ca. 50 Karten sowie ein Codeheft umfassendes Spiel von Jens Schumacher und Steffen Winkler. Zu Anfang gibt es eine kleine Hintergrundgeschichte: Man folgt einer Spur von Leichenteilen zu einem älteren Haus, wo man eine Person trifft, die man einst hinter Gittern gebracht hat. Diese möchte sich rächen. In den gereichten Keksen und Kaffee befindet sich eine Substanz, die die/den Leser_in außer Gefecht setzt. Man wacht in einem Raum auf, mit einem stählernen Eisenring um den Hals, der sich immer weiter enger zieht. Im Raum sind Hinweise verteilt, die ein Entkommen – sowohl von der Apparatur als auch aus dem Raum – möglich machen. Schafft man dies, so wird man an weitere Hinweise herangeführt, die einem aus dem Gebäude und in Sicherheit bringen können.
Da ich persönlich bisher keine anderen Escape-Spiele gespielt oder -Bücher gelesen oder gar in einem der Räume war, habe ich natürlich keinen Vergleich zu anderen Versionen.
An sich fand ich das Spiel aber recht interessant. Am Anfang musste ich die Anleitung noch daneben liegen lassen (ich war etwas verwirrt, was genau nun noch mal die grauen im Gegensatz zu den orangenen und grünen und durchgestrichenen roten Farben zu bedeuten hatten), konnte mich aber dann recht schnell einfinden. Die Kombination von Gegenständen hat mich zu Anfang sehr viel Zeit gekostet, weil ich dachte, dass jede dieser Zahlen eine Bedeutung habe – und so habe ich mich lange mit den Dingen aufgehalten, mit dem man aber (scheinbar) gar nichts machen kann.
Tatsächlich bin ich dann am ersten „größeren“ Rätsel gescheitert. Ich muss dazu sagen: Hätte ich wirklich eine solche eiserne Todesmaschine umgehabt, die mit vergehender Zeit immer enger wird, ich hätte nicht überlebt. Hier ein Manko des Spiels: Es gibt keine Tipps und auch keine Lösung, die man nachschlagen könnte, wenn man selbst nicht darauf kommt. Es gibt auch keinen Hinweis, wo man sonst weitergehen könne. Entweder man kommt weiter (indem man die richtige Lösung findet) oder man scheitert.
Ich habe letztlich dann das komplette Codebuch durchblättert, bis ich den passenden Code gefunden habe und weiterspielen konnte (schade dabei: Man hat schon einen Teil der weiteren Geschichte erfahren).
Ein weiteres Manko ist, dass ich einige Szenarien für sehr unrealistisch halte: Wenn (giftiges) Gas in einen Raum einströmt, das man aber mit einem getränkten Stoff neutralisieren kann, würde ich nicht auf die Idee kommen, dann noch den Stoff die ganze Zeit über den Kopf zu wirbeln. Auch hat mich das „Brauen“ sehr aufgehalten. Das zweite im Buch zum Brauen der „Substanz zum Neutralisieren“ aufgeführte Mittel steht nicht auf dem Tisch – dort steht nur ein Mittel mit einer anderen Bezeichnung. Ich als Nicht-Chemikerin wäre ziemlich verrückt, einfach irgendetwas anderes stattdessen zu nehmen, das dann möglicherweise in die Luft gehen könnte. Auch Google brachte mich bei meinen Nachforschungen nicht sonderlich viel weiter (wenn jemand also versteht, warum NAHCO3 und C2COOH das gleiche ergibt wie NAHCO3 und C2H2O2 – der melde sich doch bitte bei mir). Letztlich war und bin ich nur absolut verwirrt und habe mich damit abgefunden. Dann kam wieder etwas, das ich nie machen würde - unbekannte Chemikalienmischungen mit den Händen anfassen. Aber gut. Mich haben diese Sachen so gestört, dass ich kurzerhand beschlossen habe, die Geschichte zu ändern. Damit war ich dann, auch wenn so sicher nicht im Sinne des Spiels, zufrieden.
Das Schwierige an diesem Spiel war eigentlich nur: simpel zu denken. Und das Rätsel um die Chemikalien zu lösen, das mir noch immer unverständlich bleibt.
Hier hätte ich gerne mehr Hintergrundinfos gehabt: Warum ist das die richtige Lösung? (Ich habe keine Chemie-Fachkenntnisse und vielleicht stecken dahinter ja wirklich gute Überlegungen.)
Eine halbe Stunde – wie einige schreiben und wie es auch auf der Packung steht (30 bis 60 Minuten) – habe ich für das gesamte Spiel keinesfalls gebraucht. Ohne Tipps und mit dem Willen, das komplett allein zu lösen, war ich schon gut einige Stunden beschäftigt.
Die Altersbeschränkung von 12 Jahren finde ich für den Hauptteil des Spieles zwar angemessen, für einzelne Bestandteile aber nicht (man muss sich selbst die eigene Haut aufschneiden, um einen darunter liegenden Schlüssel, der einem vorher dort eingebracht worden ist, quasi aus dem eigenen Fleisch zu holen; das erinnerte mich doch sehr an SAW).
*Fazit:* An sich fand ich das Spiel wirklich nett. Es war schön, mal ein wenig wieder an seine kombinatorischen Fähigkeiten herangeführt zu werden. Auch war es schön, es allein spielen zu können (im Gegensatz dazu sind die meisten Spiele ja auf mehrere Personen ausgelegt). Es hat allerdings durchaus einige starke Defizite, wie eben die fehlende Erklärung der Lösung. Es wäre für mich persönlich der absolute Oberhammer gewesen, hier noch etwas bei gelernt haben zu können (wie eben mit diesen chemischen Formeln).
Eine leichte Enttäuschung bei dem Spiel war auch, dass es als „medium bis schwer“ eingestuft worden ist. Dementsprechend hatte ich auch anspruchsvollere Rätselaufgaben erwartet. So freue ich mich aber auf eine wirklich schwere Spielreihe und bin gespannt, was diese bereithält 😊.
Dass man es nur ein einziges Mal spielen kann, ist ebenfalls schade, auch hinsichtlich der schönen Überlegungen und der Karten. Ich meine, was macht man mit dem Spiel danach? (auch hinsichtlich der Umweltaspekte kritisch zu hinterfragen: Ist der Nutzen bei ein- bis vielleicht zweimaligem Spielen so hoch, dass es sich lohnt, so ein Spiel, das man nicht mehr weiter nutzen kann, zu kaufen?)
Ansonsten aber, wie gesagt, ein Spiel, das wirklich nett ist und mir Spaß bereitet hat und mich auch einige Stunden nicht losgelassen hat – was ich sicher nicht von jedem Spiel behaupten kann!
*Erschienen bei arsEdition*
Autorin / Autor: Khyona - Stand: 28. September 2020