Stell dir vor, du sitzt im Flugzeug nach Amerika. Austauschprogramm, die nächsten 10 Monate wirst du dort verbringen, auf diesem fremden Kontinent in einer Gastfamilie. Vielleicht fühlst du dich ein wenig mulmig, schließlich warst du noch nie so lange so weit weg von daheim und weißt nicht, ob du dem ganzen wirklich gewachsen bist. Auf der anderen Seite wiederum freust du dich wahnsinnig auf die Zeit, der Flug kann dir gar nicht schnell genug gehen – und dann gerät der Flieger, in dem du sitzt, in Turbulenzen, eine außerplanmäßige Notlandung ist fällig. Die wird zur Bruchlandung am Denver International Airport – der menschenleer und verfallen ist, überall fremdartige Pflanzen, die den Beton durchbrechen, und Tiere die du noch nie gesehen hast, pinke Hummeln, gestreifte Ratten …
Das passiert den Protagonisten Jem und Lucie in Thomas Thiemeyers neuem Jugendroman „Evolution. Die Stadt der Überlebenden“.
Zusammen mit den anderen Jugendlichen der Austauschgruppe, Arthur, Paul, Olivia, Zoe, Katta und Marek, sowie den anderen Passagieren, die mit ihnen im Flugzeug waren, versuchen sie zunächst möglichst viel über ihre Absturzstelle herauszufinden und was bitteschön hier eigentlich passiert ist – der Flughafen in Denver ist doch eigentlich ein belebter Ort?
Auf Erkundungsgängen stoßen sie auf allerlei seltsame Dinge, die einfach nicht in die Zeitordnung passen, hat der Flugkapitän nicht behauptet noch letzten Monat eben diesen Flughafen angeflogen zu haben, und da war ja wohl noch alles, wie es sich gehört! Doch da sind sie jetzt, in diesem Gebäude voller futuristischer Dinge, wie Serviceroboter und Selbstfahrende Autos, wie sie frühestens in 10 Jahren zu erwarten sind. Doch selbst diese Dinge wirken wie auch das Gelände selbst verfallen und uralt. Als sie schließlich feststellen müssen, dass sie tatsächlich über 200 Jahre in der Zukunft gelandet sind, wird das ganze noch einmal so richtig kompliziert.
Wie sind sie bitte in der Zeit gereist? Wo sind die ganzen Menschen abgeblieben? Warum scheinen die Tiere überhaupt keine Angst vor ihnen zu haben, wieso gibt es absolut kein Funknetz und wie sollen sie wieder in ihre eigene Zeit zurück kommen? Wie sollen sie hier überhaupt überleben?
Thiemeyer beschreibt mit „Evolution. Die Stadt der Überlebenden“ einen großartigen Auftakt zu einer neuen Sci-Fi-Trilogie, die ich vor allem Fans der genregleichen Reihen „Die Tribute von Panem“ und „Die 100“ wärmstens empfehlen möchte. Mit einem nahezu perfekten Spannungsbogen und kurzen Kapiteln ist es auch für Lesefaule bestens geeignet, obwohl eine Fülle an nervenaufreibenden Cliffhangern das Suchtpotenzial dieses Buches enorm in die Höhe schrauben. Für anspruchsvolle Leser sorgen flüssige und abwechslungsreiche Sprache dafür, das Buch nicht aus der Hand zu legen, außerdem sind Jem und Lucie ideale Hauptcharaktere. Nicht nur sind sie (so wie alle wichtigen Charaktere in „Evolution“) lebendig beschrieben und ausreichend charakterisiert, um sich von anderen abzuheben, auch sorgt der häufige Wechsel, welcher der beiden Protagonisten im Hauptfokus des Erzählers liegt und die Tatsache, dass sie verschiedenen Geschlechts sind, zu einer erleichterten Identifikation für jeden Leser – egal ob Junge oder Mädchen, schwarz oder weiß, …
Normalerweise bin ich doch eher vorsichtig, was Science Fiction angeht, doch Thiemeyers „Evolution“ hat mich zu 100% überzeugt, weshalb ich es auch bedenkenlos weiterempfehlen kann. Knapp 350 Seiten bemisst das Buch, was mich vorerst ein wenig abgeschreckt hatte - irgendwie hatte ich weniger erwartet (und schon gar keine Trilogie!), doch letztlich hat es dann doch kaum mehr als einen Tag gehalten – deshalb noch mal: Dieses. Buch. Musst. Du. Lesen ;)
Schade nur, dass es bis zum Erscheinen des zweiten Bandes noch ein gutes halbes Jahr dauert.
*Erschienen bei Arena*
Autorin / Autor: cheshirekitty - Stand: 17. August 2016