Frauen erhalten weniger wissenschaftliche Auszeichnungen
Der Grund: Männer in den Preisausschüssen bevorzugen Geschlechtsgenossen
In den letzten Jahrzehnten hat sich vieles zugunsten der Frauen verändert. Wir gehen wählen, zur Arbeit, machen Karriere. Aber dennoch scheinen die Frauen für viele noch in der Weibchen-Schublade zu stecken. Eine US-amerikanische Studie zeigte nun, dass weibliche Wissenschaftler weniger akademische Preise gewinnen. Der Grund: Eine hohe Zahl an Männern in den Ausschüssen. Wenn Männer über die Gewinner entscheiden, gehen mehr als 95% der Wissenschaftspreise an ihre Geschlechtsgenossen.
Die gute Nachricht: Frauen stauben in zwei Kategorien mehr Preise ab. Der Wehrmutstropfen: Dabei handelt es sich "nur" um Dienstleistungs- und Lehrpreise. Angesehene Wissenschaftsauszeichnungen erhalten sie dagegen weniger als man annehmen könnte, vergleicht man die nominierten Frauen mit denen, die letztlich einen Preis erhalten haben.
Um diesem Ungleichgewicht auf den Grund zu gehen, untersuchten die Forscher die Zusammensetzung der Ausschüsse, die für die Preisvergabe zuständig sind. Ausschüsse unter Vorsitz von Männern vergaben ihre Preise zu 95,1% an Männer, obwohl immerhin 21% der Nominierten weiblich waren. Mehr Frauen in den Ausschüssen wäre also die Lösung – die durchschnittliche Frauenquote beträgt aber karge 19,5%.
Die Forscher untersuchten die Preisvergaben von 13 Gesellschaften, die in den Jahren zwischen 1991 und 2010 herausragende Leistungen in den Bereichen Wissenschaft, Technik, Ingenieurwissenschaften und Medizin auszeichneten. Zwar stieg der Anteil der honorierten Frauen in den 19 Jahren um 78,5%; aber die Chance, dass Männer zwischen 2000 und 2010 eine wissenschaftliche Auszeichnung gewannen, war acht Mal so hoch wie die der Frauen. Erstaunlicherweise stieg dieses Ungleichgewicht seit 2001 auch noch an: Frauen gewannen 10% der forschungsbasierten Preise, 32,2% der Dienstleistungs- und 37,1% der Lehrpreise.
Mehr Frauen unter den Nominierten, mehr Frauen in den Ausschüssen und das Etablieren eines Aufsichtsgremiums, das über das Einhalten von Gleichberechtigungsstandards wacht, könnte das Ungleichgewicht verringern. Warum aber werden Frauen immer noch nicht ernstgenommen? Die Forscher wagen einen Erklärungsversuch: „Die Tatsache, dass Frauen doppelt so häufig für Dienstleistungs- als für Wissenschaftsarbeit honoriert werden, kann … von der stillschweigenden Annahme kommen, dass ernstzunehmende Wissenschaftler eben Männer sind, und dass Frauen nicht in die Wissenschaftlerrolle passen. Professionelle Gesellschaften sollten die Führungskräfte und Preisausschüsse über dieses Vorurteil aufklären.“
Autorin / Autor: Annika Willinger ; - Stand: 10. Mai 2012